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10.06.2002; 17:45 Uhr
Musikwirtschaft fordert deutlich höhere Urheberrechtsabgaben auf CD-Rohlinge
Offener Brief an Däubler-Gmelin - "Gesetzgeber sieht zu, wie ganze Branche niedergebrannt wird"

Die deutsche Musikwirtschaft setzt sich für eine deutliche Erhöhung der Urheberrechtsabgaben auf Leerkassetten, Videobänder und CD-Rohlinge noch in diesem Jahr ein. Der Deutsche Musikverleger-Verband (DMV), der Deutsche Komponistenverband (DKV) und der Deutsche Textdichter-Verband (DTV) warnten am 6.6.2002 in einem offenen Brief an Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), das kostenlose Herunterladen von Musik aus dem Internet und das private Brennen von Musik-CDs verursache inzwischen "drastische Umsatzeinbrüche" im Tonträgergeschäft. Grund sei der günstige Preis von CD-Rohlingen und der Preisverfall bei CD-Brennern, die inzwischen schon für weniger als 100 Euro erhältlich seien. Im Jahr 2001 seien deshalb neben 220 Millionen bespielter Musik-CDs bereits 170 Millionen CD-Rohlinge verkauft worden. Im laufenden Jahr werde die Zahl der abgesetzten CD-Rohlinge die der Originale aller Voraussicht nach übersteigen. Die Verbände klagten in ihrem Schreiben, der Gesetzgeber sehe seit Jahren zu, wie eine ganze Branche "im wahrsten Sinn des Wortes niedergebrannt wird". Die Gewinnausfälle hätten in den letzten 18 Monaten bereits zum Verlust von etwa 5000 Arbeitsplätzen geführt. Wenn sich die laufende Entwicklung fortsetze, müsse damit gerechnet werden, dass 2002 30 Prozent aller Schallplattengeschäfte schließen werde. DMV, DKV und DTV forderten, die seit 15 Jahren unveränderte Urhebervergütungen für Tonträger nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) müssten umgehend von derzeit 6,14 Cent auf mindestens 18 Cent pro Spielstunde angehoben werden. Für Hersteller und Verbraucher sei diese Anpassung problemlos verkraftbar. Für die Kreativen sei sie "das Minimum zur Existenzsicherung ihres Berufes und unseres Musiklebens", meinten die Verbände.

Das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) erlaubt Vervielfältigungen unter anderem von Bild- und Tonträgern zu privaten oder sonstigen eigenen Zwecken in weitem Umfang, verpflichtet die Hersteller beispielsweise von Leerkassetten, Videobändern, Fotokopierern und Videorekordern aber zur Zahlung von sogenannten Urheberrechtsabgaben. Diese Gebühren werden über Verwertungsgesellschaften wie die GEMA, die VG Wort und die VG Bild-Kunst eingezogen und an die jeweils betroffenen Urheber nach einem genau festgelegten Verteilungsplan ausgeschüttet. Bei Tonträgern wie beispielsweise Leerkassetten werden dabei für jede Stunde Spieldauer gute sechs Cent fällig, bei Bildträgern wie Videokassetten knappe neun Cent. Die Vergütungssätze wurden das letzte Mal im Jahr 1985 erhöht. Seitdem hat die Bundesregierung zwar einen Bericht zur Entwicklung der urheberrechtlichen Vergütungen vorlegt, die Sätze aber nicht mehr angepasst. Nach Auffassung der Rechteinhaber ist eine Überarbeitung der einschlägigen Anlage zu § 54 d UrhG mittlerweile überfällig. Die GEMA hatte erst im Februar 2002 ihre Forderung erneuert, die Urheberrechtsabgaben müssten dringend angehoben werden. Der GEMA-Vorsitzende Reinhold Kreile verwies auf die Umsätze in zweistelliger Milliardenhöhe, die in Deutschland mit Unterhaltungselektronik gemacht würden. Es dürfe nicht übersehen werden, dass der wirtschaftliche Wert beispielsweise von Audio- und Videorekordern vor allem in der Möglichkeit zum privaten Kopieren bestehe. Die im Jahr 2000 erhobenen Geräte- und Leerkassettenvergütungen von 138 Millionen Mark nähmen sich vor diesem Hintergrund eher bescheiden aus, meinte Kreile.

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