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18.10.2011; 11:06 Uhr
Internet-Enquête-Kommission: Netzneutralität ja, aber Uneinigkeit über künftige Ausgestaltung
Regierung will keine gesetzliche Verankerung - Opposition hält Selbstregulierung nicht für ausreichend

Die Enquête-Kommission »Internet und Digitale Gesellschaft« sollte gestern in ihrer 13. Sitzung über den Zwischenbericht zum Thema Netzpolitik abstimmen. Eigentlich wollte die Kommission Handlungsempfehlungen für den Bundestag zur Verankerung der Netzneutralität im Gesetz beschließen. Dazu kam es aber nicht. Verschiedenen Berichten zufolge konnte weder die Oppositions- noch die Regierungsbank ihre Textvorschläge mit der erforderlichen Mehrheit durchsetzen. Zwar seien sich alle einig, »dass Netzneutralität ein hohes Gut ist«, so der Vorsitzende der Projektgruppe Peter Tauber (CDU). Jedoch gebe es »Meinungsverschiedenheiten, wie diese zu gewährleisten sei«.

Mit dem Begriff Netzneutralität wird die Gleichbehandlung aller Daten im Internet unabhängig von kommerziellen Interessen bezeichnet. Vor allem die Netzbetreiber wünschen sich unter dem Schlagwort »Quality of Service« die Einführung von unterschiedlichen Klassen beim Transport von Datenpaketen, da bestimmte Dienste von einer stabilen und sicheren Datenübertragung abhängig seien. Ein Konsens, ob und wenn ja welche Diensteklassen möglich oder unmöglich sind, wurde nicht gefunden.

Die Regierungsparteien sehen keine Gefährdung der Netzneutralität. Sie setzen wie bisher auf die Regulierung durch den Markt und eine vermittelnde Tätigkeit der Bundesnetzagentur bei länger anhaltenden Verletzungen. Auf eine gesetzliche Regelung will die schwarz-gelbe Mehrheit der Projektgruppe daher derzeit verzichten. Der SPD-Abgeordnete Martin Dörmann fordert hingegen »ein ausdrückliches Regulierungsgebot« und »ein entsprechendes Instrumentarium für die Bundesnetzagentur«.

Opposition und Sachverständige sind verärgert. Nach Meinung von Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC), wolle die Regierungskoalition verhindern, dass sich die Enquête-Kommission für Netzneutralität ausspricht. Markus Beckedahl, Mitgründer des Vereins digitale Gesellschaft und des Blogs »netzpolitik.org« ist von den Grünen als Sachverständiger benannt. Er bedauert, dass sich die Abgeordneten nicht darauf einigen konnten, eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität zu fordern. »Nun werden Telekommunikationsunternehmen anfangen, das Netz umzubauen und vollendete Tatsachen schaffen«.

Die Abstimmung über den Bericht zur Netzneutralität war bereits mehrfach verschoben worden. Schon vor der Sommerpause hatten die Abgeordneten der Opposition den Koalitionspartnern vorgeworfen, mit »taktischen Spielchen« eine Entscheidung für eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität verhindert zu haben.

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