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25.10.2011; 16:33 Uhr
EuGH entscheidet zur internationalen Zuständigkeit von Gerichten bei Persönlichkeitsrechtsverletzung
Gericht des Ortes, an dem das Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen hat, kann über gesamten Schaden entscheiden

Vor knapp zwei Jahren hatte der BGH ein Verfahren um Archivmeldungen zu den Sedlmayr-Mördern ausgesetzt und wegen Bedenken an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte und des anwendbaren Rechts dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. Meldung vom 11. November 2009). In dem Fall richtete sich die Klage gegen ein in Österreich ansässiges Unternehmen. Nach dem in Art. 3 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG festgelegten Herkunftslandprinzip könnte, so der BGH, in diesem Fall österreichisches Recht vorrangig sein. Wie aus der Urteilsbegründung hervorgeht, legten die Luxemburger Richter die Regelung allerdings dahingehend aus, dass sie »keine Umsetzung in Form einer speziellen Kollisionsregel verlangt«. Es sei nur bei der Umsetzung sicherzustellen, dass in- und ausländische Unternehmen den gleichen Regeln unterworfen werden.

Der EuGH entschied außerdem, dass international zuständig das Gericht ist, an dessen Ort das Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen hat. In der Regel sei dies der Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes. Unter Berufung auf Art. 5 Nr. 3 der EuGVVO (Nr. 44/2001) könne alternativ jedoch auch das Gericht angerufen werden, in dem der Urheber der im Internet veröffentlichten Inhalte niedergelassen ist. In diesem Fall entscheide das Gericht jedoch nicht über den gesamten Schaden, sondern nur über den im Gebiet des jeweiligen Mitgliedstaates entstandenen.

Generalanwalt Villalón (vgl. Meldung vom 30. März 2011) hatte in seinen Schlussanträgen für eine Anpassung der »Shevill«-Rechtsprechung des EuGH auf Persönlichkeitsverletzungen im Internet plädiert. Einerseits könnten Rechtsverletzungen global eintreten. Andererseits sei ein uferloses Forum-Shopping aber auch verkehrt. Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet sei daher im Rahmen der internationalen Zuständigkeit »ein zusätzliches Anknüpfungskriterium auf der Grundlage des Ortes des Schwerpunkts des Konflikts zwischen den betroffenen Gütern und Werten« zu berücksichtigen. Der »Schwerpunkt des Konflikts« befinde sich dort, »wo ein Gericht unter den günstigsten Umständen einen Konflikt zwischen der Informationsfreiheit und dem Recht am eigenen Bild entscheiden kann«. Dort, wo Informationen »objektiv relevant«, ihre Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht am stärksten und wo Rechtsstreite am wahrscheinlichsten sind, könne ein Interessenkonflikt am besten beurteilt werden.

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