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08.05.2012; 16:38 Uhr
BGH entscheidet zur internationalen Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Internetveröffentlichungen
Klage wegen individualisierender Berichterstattung über eine zurückliegende Straftat abgewiesen

Vor über zwei Jahren hatte der BGH ein Verfahren um Archivmeldungen zu den Sedlmayr-Mördern ausgesetzt und wegen Bedenken an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte und des anwendbaren Rechts dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. Meldung vom 11. November 2009). Der BGH wollte geklärt wissen, unter welchen Voraussetzungen die internationale Zuständigkeit der Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen von in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassenen Anbieter anzunehmen ist und ob sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach deutschem Recht oder gemäß dem in Art. 3 der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG festgelegten Herkunftslandprinzip nach österreichischem Recht richtet. 

Der EuGH entschied u.a., dass international zuständig das Gericht ist, an dessen Ort das Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen hat (vgl. Meldung vom 25. Oktober 2011). In der Regel sei dies der Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes. Unter Berufung auf Art. 5 Nr. 3 der EuGVVO (Nr. 44/2001) könne alternativ jedoch auch das Gericht angerufen werden, in dem der Urheber der im Internet veröffentlichten Inhalte niedergelassen ist. In diesem Fall entscheide das Gericht jedoch nicht über den gesamten Schaden, sondern nur über den im Gebiet des jeweiligen Mitgliedstaates entstandenen.

Aufgrund dieser Entscheidung des EuGH hat der VI. Zivilsenat des BGH in seinem heutigen Urteil (Az.: VI ZR 217/08, Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht, da sich der Mittelpunkt der Interessen des Klägers in Deutschland befinde. Darüberhinaus sei der geltend gemachte Anspruch des Klägers nach deutschem Recht zu beurteilen, weil der Erfolgsort in Deutschland liege. Hier werde die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, gestört. Die - jeweils im Einzelfall vorzunehmende - Abwägung zwischen dem Recht auf Schutz der Persönlichkeit und dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit habe wie auch in den Parallelverfahren (VI ZR 227/08 u.a. und VI ZR 243/08 u.a.) zum Vorrang des Rechts der Beklagten auf freie Meinungsäußerung geführt. Aus diesem Grund habe der Senat die Klage abgewiesen. 

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