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20.03.2013; 19:42 Uhr
Kachelmann erfährt Niederlage gegen BILD.de vor Bundesgerichtshof
BGH weist Unterlassungsanspruch gegen Onlineberichterstattung mangels Wiederholungsgefahr ab

Jörg Kachelmann hat keinen Unterlassungsanspruch gegen »BILD.de« wegen der noch vor der Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgten Berichterstattung über bis dato noch unveröffentlichte Einlassungen des Klägers in seiner ersten richterlichen Vernehmung zu seinem Vergewaltigungsprozess. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) durch Urteil vom 19. März 2013 (AZ.: VI ZR 93/12 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Der Kläger hatte sich mit seinem Anspruch einer Pressemitteilung des BGH zufolge gegen Äußerungen in einem am 13. Juni 2010 auf »BILD.de« abrufbar gestellten Artikel gewandt. Unter der Überschrift »Magazin Focus veröffentlicht intime Details - Der K....-Krimi: Neue Indizien aus der Tatnacht« wird aus einer richterlichen Vernehmung des Wettermoderators berichtet, in der er sich zu intimen Details über seine sexuellen Vorlieben äußert. Erst bei der späteren Eröffnung des Hauptverfahrens wurde das Protokoll öffentlich verlesen. 

Während die Vorinstanzen (LG Köln, Urteil vom 22. Juni 2011 - 28 O 956/10 und OLG Köln Urteil vom 14. Februar 2012 - 15 U 123/11, ZUM 2012, 330 mit  Anmerkung von Prof. Karl-Heinz Ladeur) den Unterlassungsanspruch bejaht hatten, sieht der BGH zwar aufgrund der Unschuldsvermutung und einer möglichen durch die Medienberichterstattung bewirkten Stigmatisierung in der Veröffentlichung eine rechtswidirge Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Der Unterlassungsanspruch sei gleichwohl abzulehnen, da nach Verlesung des Protokolls in der öffentlichen Hauptverhandlung eine aktuelle Prozessberichterstattung unter Einbeziehung der beanstandeten Äußerungen zulässig sei und somit die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr entfallen sei. Einem Bericht auf »N24.de« zufolge könnte sich diese Beurteilung nach dem Freispruch für Kachelmann nochmals geändert haben. Kachelmanns Anwälte hatten die Darstellung allerdings im Kontext des konkreten Artikels angegriffen. Eine erneute Veröffentlichung genau in der Art dieses Beitrag ist nach Ansicht des BGH aber nicht zu befürchten.

Der Anwalt von Jörg Kachelmann wies nach der Urteilsverkündung laut »N24.de« darauf hin, dass die Feststellung des BGH, der Bericht habe ursprünglich die Privatsphare Kachelmanns verletzt, für eine mögliche Schmerzensgeldklage von großer Bedeutung ist. 

In drei weiteren Verfahren hat der BGH die Nichzulassungsbeschwerden der Presseorgane gegen Entscheidungen des OLG Köln zurückgewiesen, die Unterlassungsanträge Kachelmanns stattgegeben haben (Beschlüsse vom 19. MÄrz 2013, Az.: VI ZR 106/12, VI ZR 107/12, VI ZR 108/12). Hierbei ging es um Berichte über ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger, das wegen eines angeblichen Vorfalls aus dem Jahr 2001 eingeleitet worden war, nachdem eine frühere Freundin Kachelmanns drei Tage nach dessen Festnahme im Jahr 2010 die Justizbehörden darüber informiert hatte. In diesen Fällen haben die Gerichte laut BGH das Vorliegen der Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verneint, weil schon der für eine Verdachtsberichterstattung erforderliche Mindestbestand an Beweistatsachen nicht gegeben war und zudem die notwendige Stellungnahme des Klägers nicht eingeholt worden war (Urteile des OLG Köln vom 14. Februar 2012, Az. 15 U 130/11, 131/11, 132/11).

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