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29.11.2007; 12:06 Uhr
EU-Parlament verabschiedet neue Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste
Regelungen betreffen u. a. Regulierungsfragen, Werbung, Produktplatzierung und Jugend- und Verbraucherschutz

Das Europäische Parlament hat in seiner Sitzung vom 29.11.2007 in zweiter Lesung die Novellierung der EU-Fernsehrichtlinie beschlossen und setzte damit den Schlusspunkt unter das seit der Vorstellung des Kommissionsentwurfs am 13.12.2005 laufende Gesetzgebungsverfahren. Wie erwartet folgten die Parlamentarier dabei dem Gemeinsamen Standpunkt des Rats der Europäischen Union für die neue »Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste« (AVMS), dem zunächst Verhandlungen mit dem Parlament vorangegangen waren und den der Rat schließlich im Oktober endgültig beschlossen hatte. Mit Veröffentlichung der neuen Richtlinie im Amtsblatt, was voraussichtlich gegen Ende 2007 geschehen soll, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, also bis Ende 2009, um die Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen.

Die AVMS-Richtlinie unterscheidet zwischen linearen und nicht-linearen Diensten und erfasst damit auch neue Angebote wie Internet- oder mobiles Fernsehen und Fernsehen auf Abruf (on-Demand), die einem unterschiedlich strengen Regulierungsregime unterworfen werden. Weiterhin gelten wird das so genannte Herkunftslandprinzip, wonach der jeweilige Anbieter der Aufsicht desjenigen Mitgliedstaats unterliegt, in dem er seinen Hauptsitz hat und wo die redaktionellen Entscheidungen über den Dienst getroffen werden. Jedoch wird es um ein Verfahren ergänzt, durch das besser auf Situationen reagiert werden kann, in denen Fernsehprogramme ganz oder größtenteils auf das Gebiet eines Mitgliedstaats ausgerichtet sind, der nicht der Niederlassungsstaat des Fernsehveranstalters ist.

Geändert werden die Regelungen zur Werbung. So sollen Werbepausen zukünftig bei Kino- und Fernsehfilmen sowie bei Nachrichtensendungen einmal alle 30 Minuten möglich sein bei einer maximalen Werbezeit von 12 Minuten pro Stunde. Gleiches gilt auch bei Kindersendungen mit der Besonderheit, dass diese länger als 30 Minuten dauern müssen, um unterbrochen werden zu dürfen. Das Trennungsgebot zwischen Werbung und Programminhalten wird für lineare Dienste aufrechterhalten. Vollständig verboten wird Fernsehwerbung für Tabakprodukte und verschreibungspflichtige Medikamente. Darüber hinaus werden mit der Richtlinie Medienanbieter aufgefordert, Verhaltensrichtlinien zur Vermeidung von Werbung für »Junk-Food« in Kinderprogrammen zu erstellen.

Die Bestimmungen zu Produktplatzierungen werden letztlich gelockert. Zwar bleiben diese grundsätzlich verboten, jedoch ist ein Erlaubnisvorbehalt für Kinofilme, Filme und Serien sowie bei Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung vorgesehen. Ergänzend muss darauf zu Sendungsbeginn und -ende sowie nach jeder Werbeunterbrechung hingewiesen werden. Nicht erlaubt ist damit Product-Placement bei Nachrichtensendungen, Kinderprogrammen, Dokumentationen und Ratgebersendungen. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass der Anbieter in seiner Verantwortlichkeit und redaktionellen Gestaltung unabhängig bleibt. Den Mitgliedsstaaten bleibt es aber überlassen, weitergehende Verbote zu erlassen oder aufrecht zu erhalten.

Weitere Aspekte betreffen den Schutz Minderjähriger vor moralischen und physischen Beeinträchtigungen, wobei einerseits im Bereich der linearen Dienste spezifische Vorgaben gemacht werden, für den Bereich der nicht-linearen Dienste andererseits die Möglichkeit einer zusätzlichen Sperrverfügung geschaffen wird. Ferner sieht die AVMS-Richtlinie Regelungen für ein europaweit geltendes Recht auf Kurzberichterstattung und Gegendarstellung in Fernsehprogrammen vor, auch soll der Zugang zum Fernsehen für Personen mit Behinderung gefördert werden.

Dokumente:

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Die Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste - »Fernserichtlinie reloaded?« Aufsatz von Privatdozentin Dr. Jutta Stender-Vorwachs, LL.M. (USA, UVirg.), und Natalia Theißen, Hannover, ZUM 2007, 613-620 (Heft 8/9/2007)
  • Die Revision der Fernsehrichtlinie - Überblick über die wesentlichen geplanten Änderungen unter besonderer Berücksichtigung der Liberalisierung des Verbotes von Produktplatzierungen, Aufsatz von Stephan Leitgeb, LL.M. Eur., München, ZUM 2006, 837-843
  • Die Revision der Fernsehrichtlinie - Ist die Revision eine Reform? Aufsatz von Privatdozentin Dr. Jutta Stender-Vorwachs, LL.M. (USA, UVirg.), und Natalia Theißen, Hannover, ZUM 2006, 362-369
[IUM/hl]

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