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02.05.2012; 12:24 Uhr
LG Berlin entscheidet zur Störerhaftung von Hostprovidern für rechtsverletzende Äußerungen Dritter
Google haftet für anonymen »Erfahrungsbericht« auf »Google Maps«

Das LG Berlin hatte sich in der Entscheidung vom 5. April 2012 (Az.: 27 O 455/11; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) mit der Haftung eines Hostproviders im Zusammenhang mit rechtsverletzenden Äußerungen Dritter zu befassen. Die Richter nehmen in den Entscheidungsgründen direkten Bezug auf die vom BGH (Az.: VI ZR 93/10) speziell für die Inanspruchnahme eines Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung aufgestellten Maßstäbe für »das Persönlichkeitsrecht verletzende, lediglich technisch zur Verfügung gestellte Internetseiten«. Sie stellen fest, dass die vom BGH vor dem Hintergrund eines rechtsverletzenden Blog-Eintrags aufgestellten Grundsätze (vgl. Meldung vom 25. Oktober 2011) auch für den streitgegenständlichen Eintrag auf »Google Maps« (so genannter »Erfahrungsbericht«) heranzuziehen seien.   

Im konkreten Fall hatte das LG Berlin darüber zu entscheiden, ob es sich bei einer Äußerung im Rahmen des von Google betriebenen Geosuchdienstes »Google Maps«, der es ermöglicht, anonyme persönliche »Erfahrungsberichte« zu den einzelnen angezeigten Suchergebnissen abzugeben, um eine Tatsachenbehauptung handelte und ob die vom BGH aufgestellten Voraussetzungen für eine Störerhaftung vorliegen. Ein in Berlin ansässiger Arzt wehrte sich gegen die bei Eingabe des Suchbegriffs »plastische Chriurgie Berlin« unter einem Pseudonym abgegebene Bewertung »Vorsicht! Fuscher! Schlimmer kann man einen Menschen nicht verunstalten: seit dieser ›Behandlung‹ kann ich nicht mehr anziehen, was ich will (...) Seid vorsichtig! Seid gewarnt! Er ist furchtbar!«. 

Entgegen der Ansicht der Beklagten ging das LG Berlin nicht davon aus, dass der »Erfahrungsbericht« als (bloße) (zulässige) Kritik an einem Gewerbetreibenden eine zulässige Meinungsäußerung darstelle, sondern »letztlich schwerpunktmäßig insgesamt wie eine Tatsachenbehauptung zu behandeln« sei. Unabhängig ob diese richtig oder falsch sei, führe nach der zitierten BGH-Rechtsprechung zur Störerhaftung des Providers »schon das Unterlassen einer Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhaltes« unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Eintrag Verantwortlichen. Dies gelte gerade und auch in den Fällen, in denen der Provider lediglich mit der Beanstandung eines Betroffenen, »die richtig oder falsch sein kann« konfrontiert werde, ohne also dass schon im Zeitpunkt der Beanstandung des Betroffenen die Wahrheit bzw. Unwahrheit der Tatsachenbehauptung feststehe. Der hier erfolgte konkrete Hinweis des Klägers auf eine mögliche, aus dem Eintrag entspringende Persönlichkeitsrechtsverletzung sei ausreichend gewesen, um die Prüfpflichten der Beklagten auszulösen. Nach Auffassung des Gerichts wäre es der Beklagten vorliegend ein Leichtes gewesen, eine Stellungnahme des für den Eintrag Verantwortlichen einzuholen.

Dokumente:

  • BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, VI ZR 93/10, ZUM-RD 2012, 82 (Volltext bei Beck Online)
[IUM/ct]

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