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01.08.2007; 10:42 Uhr
Keine Auskunft über dynamische IP-Adresse im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
AG Offenburg: »Upload von wenigen Musikdateien im Internet ist Bagatellkriminalität«

Wegen Unverhältnismäßigkeit hat das Amtsgericht Offenburg (AG Offenburg) die Anordnung gegen einen Internet Service Provider abgelehnt, Auskunft über den Inhaber eines Anschlusses zu geben, dem zu einen bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte dynamische IP-Adresse zugeteilt war (Beschluss vom 20.7.2007, Az. 4 Gs 442/07 - Veröffentlichung in der ZUM folgt). Die Staatsanwaltschaft Offenburg hatte im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen einen unbekannten Beschuldigten einen entsprechenden Antrag gestellt, weil dieser mindestens zwei Musikdateien im Internet zum Download verfügbar gemacht haben soll und die Rechteinhaber hierfür die entsprechenden dynamischen IP-Adressen ermittelt und Anzeige erstattet hatten.

Dabei wies das AG Offenburg zunächst das Auskunftsbegehren dem Anwendungsbereich der §§ 100 g, h StPO zu, da die vom Provider zu erteilenden Daten als Verkehrsdaten einzuordnen seien und somit dem Fernmeldegeheimnis unterfielen, weshalb der Richtervorbehalt des § 100 b StPO greife. Jedoch sei der Tatvorwurf nicht hinreichend schwer, um die Anordnung der Zwangsmaßnahme zu rechtfertigen. Vielmehr sei die Tat des unbekannten Beschuldigten der Bagatellkriminalität zuzuordnen, weil bei zwei Musikdateien ein strafrechtlich relevanter materieller Schaden nicht entstanden sei, wobei das Amtsgericht auf die Preise legaler Angebote verwies, die bei bis zu unter 10 Cent lägen. Die von Seiten der Medienindustrie hingegen vermuteten oder tatsächlichen volkswirtschaftlichen Schaden hätten für den Einzelfall keine Relevanz. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte nicht gewerbsmäßig handelte und auch keine weiteren finanziellen Vorteile generiert habe.

Auch den Grad des Tatverdachts sah das AG Offenburg als äußerst gering an. Die in §§ 106, 108 UrhG vorgesehene vorsätzliche Begehungsweise könne »nicht oder in ganz seltenen Ausnahmefällen« vermutet oder nachgewiesen werden, da Internet-Tauschbörsen häufig Programmkomponenten aufwiesen, »die einen Zwangsupload zur Folge haben, ohne dass der jeweilige Nutzer, der im vorliegenden Fall als Täter anzusprechen wäre, dies erkennen könne«. Schließlich spreche nach Ansicht des Amtsgerichts gegen eine Anordnung auch die Tatsache, dass das Strafverfahren seitens der Anzeigenden ausdrücklich für die Vorbereitung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche diene, mithin Auskünfte anstrebe, die ihnen der Gesetzgeber bewusst versagt habe.

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