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15.11.2011; 15:52 Uhr
LG Köln: Heimlich aufgenommene Paparazzi-Fotos von Jörg Kachelmann in Untersuchungshaft dürfen nicht veröffentlicht werden
Umgekehrt ist die Veröffentlichung von Fotos des Paparazzo durch Kachelmann zulässig

Erst kürzlich erreichte der Wettermoderator Jörg Kachelmann vor dem LG Köln, dass seine Ex-Geliebte, die Nebenklägerin in dem gegen Kachelmann geführten Strafverfahren, die Vergewaltigungs-Beschuldigungen außerhalb von gerichtlichen oder Ermittlungsverfahren nicht wiederholen darf. (Urteil vom 28. Oktober 2011, Az.: 28 O 557/11, Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) Das Gericht entschied, dass die in einem nach dem Freispruch Kachelmanns abgegebenen Interview der Ex-Geliebten gegenüber der Zeitschrift »Bunte« getätigten Vorwürfe nur »ein bloßes Unterhaltungsinteresse« befriedigen würden und die Äußerungen »in ihrer Detailtiefe und der emotionalisierenden Darstellungsweise über das reine Informationsinteresse der Öffentlichkeit« hinausgingen.

Mit einem weiteren Urteil des LG Köln vom 09. November 2011 (Az.: 28 O 225/11, Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) hat Kachelmann erneut einen Sieg errungen. Ein Pressefotograf hatte heimlich Fotos von Kachelmann während eines Hofgangs in der Untersuchungshaft aufgenommen. Anschließend wurden die Bilder veröffentlicht. Das Gericht gab der Unterlassungsklage Kachelmanns hinsichtlich der ohne Zustimmung erfolgten Verbreitung und öffentlichen Zurschaustellung der Fotoaufnahmen Recht. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit dem abgestuften Schutzkonzept zu § 23 KUG. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordere hiernach eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 EMRK dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes sei der »situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen« zu berücksichtigen. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts überwiegt, wenn der Betroffene nach den Umständen die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Dies könne auch außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit, wie hier auf dem Gefängnishof – einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Raum-, der Fall sein. Zumal Kachelmann selbst durch seine Inhaftierung keine Möglichkeit  hatte, sich weiter in einen privaten Raum zurückzuziehen. Auch im Rahmen eines Aufenthaltes in der JVA müsse ein privater Rückzugsbereich gewährleistet sein.

Die Widerklage des Pressefotografen, mit der er sich seinerseits gegen die Veröffentlichung von Bildern wehrte, die ihn selbst bei der Beobachtung von Kachelmann zeigten, wies das Gericht ab. Kachelmann hatte den Reporter fotografiert, wie dieser ihm Zeitung lesend in einem Auto auflauerte. Kachelmann veröffentlichte das Bild bei »Twitter« mit der Bildunterschrift »Der tapfere Paparazzo W (Bild) bevorzugt seriöse Presse, wenn man nen Tag auf den Promi wartet«. Das Gericht hielt die Veröffentlichung trotz fehlender Einwilligung für zulässig, da sie ein zeitgeschichtliches Ereignis erfasse und entgegenstehende überwiegende Interessen des Reporters nicht ersichtlich seien. Das Bild zeige den Reporter bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit. Der Umgang der Medien mit Prominenten, insbesondere die Art und Weise wie die Berichterstattung über Prominente und deren Bebilderung erfolgt, liege bereits grundsätzlich und erst recht im vorliegenden Fall im Interesse der Öffentlichkeit.

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