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19.12.2011; 13:26 Uhr
BGH: Bildberichterstattung über Tochter von Caroline Prinzessin von Hannover nach abgestuftem Schutzkonzept des KUG zulässig
Keine überwiegenden berechtigten Interessen i.S.d. § 23 Abs. 2 KUG erkennbar

Der BGH hat mit Urteil vom 18. Oktober 2011 unter Heranziehung des abgestuften Schutzkonzepts der §§ 22, 23 KUG entschieden, dass die Veröffentlichung eines kontextbezogenen Fotos von Charlotte Casiraghi, der Tochter von Caroline Prinzessin von Hannover, in einem Presseartikel über Prominente zulässig ist, weil das Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte stamme und der Verbreitung des Fotos keine überwiegenden berechtigten Interessen der Klägerin entgegenstünden (Az.: VI ZR 5/10; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt; weitere zu diesem Themenkomplex ergangenen Urteile des BGH sowie Meldungen des IUM in den Dokumenten). Es greife daher die von dem grundsätzlichen Verbot der ungenehmigten Verbreitung von Bildnissen einer Person nach § 23 Abs. 1 KUG bestehende Ausnahme für Bildnisse der Zeitgeschichte. Der BGH betont in diesem Zusammenhang, dass der Begriff des Zeitgeschehens zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen sei. Der Begriff umfasse alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, auch unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben prominenter Personen. Maßgeblich sei, »ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zum zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen«. Ausreichend für die Annahme eines zeitgeschichtlichen Ereignisses ist es nach dem BGH, wenn »der Beitrag der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann«.

Im konkreten Fall ging es um einen Beitrag in der Zeitschrift »BUNTE« unter der Überschrift »Die lange Nacht der GOLDKINDER«, in dem darüber berichtet wurde, wie junge Menschen als Abkömmlinge reicher und/oder adliger Prominenz an einem Londoner Abend ihre Freizeit gestalten. In diesem Zusammenhang wurde auch über die Eröffnung der Vernissage in der Scream Gallery des »Rolling Stone« Ron Wood berichtet, bei der das beanstandete Foto aufgenommen wurde. Die Berufung der Klägerin auf den geschlossenen Charakter der Veranstaltung lehnte der BGH ab. Bei einer solchen Veranstaltung sei es nicht ungewöhnlich, dass nur geladene Gäste Einlass finden, aber dennoch publikumswirksam darüber berichtet werde, so der BGH. Die Klägerin habe sich durch die Teilnahme an der Veranstaltung in den Bereich des gesellschaftlichen Lebens begeben. Die Bildinnenschrift, in der die Klägerin als »junge Kunstkolumnistin« bezeichnet wird, stelle ferner einen Kontext zwischen ihrer journalistischen Tätigkeit hinsichtlich einer Kunstausstellung und der Teilnahme an der Vernissage her. Das in dem Artikel gezeichnete Bild der Nachkommen gesellschaftlich einflussreicher und vermögender Personen sei für die Öffentlichkeit interessant und lasse die sozialen Unterschiede deutlich werden, in denen junge Menschen aufwachsen.

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