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05.02.2015; 12:09 Uhr
Expertenbeirat legt Stellungnahme zum »Recht auf Vergessenwerden« vor
In Zweifelsfällen soll sich Google für die Link-Löschung entscheiden

Google soll die Anträge auf Löschung von Einträgen mit persönlichen Daten aus seinem Suchindex großzügiger behandeln. Zu diesem Ergebnis kommt einem Artikel auf »Süddeutsche.de« vom 5. Februar 2015 zufolge der vom Suchmaschinenbetreiber eingesetzte Expertenbeirat in seiner Stellungnahme zum so genannten »Recht auf Vergessenwerden«. Bisher sei die Zahl der Ablehnungen mit 60 Prozent der 205.000 bisher eingegangenen Löschanträge zu hoch. Die Löschanträge beruhen auf dem im Mai 2014 ergangenen Urteil des EUGH zum »Recht auf Vergessenwerden im Internet«. Danach hat Google unter bestimmten Umständen Einträge mit persönlichen Daten aus dem Suchindex auf Verlangen der Betroffenen zu löschen (ZUM 2014, 559 - veröffentlicht auf Beck Online; vgl. auch Meldung vom 19. Mai 2014). Sieben der acht Sachverständigen begrüßten dieses Urteil ausdrücklich als wegweisend. Alleine Jimmy Wales, der Mitbegründer von Wikipedia, äußert seinen Protest gegen sein solches Recht in der Stellungnahme und fordert das Europäische Parlament auf, den »sehr schlechten europäischen Rechtszustand« zu verbessern und der Meinungsfreiheit mehr Gewicht zu geben. 

In seiner Stellungnahme hat sich der Beirat nun damit beschäftigt, wie weit genau dieses so genannte »Recht auf Vergessenwerden« reicht. Zwar sprechen sich die Experten dafür aus, dass sich Google im Zweifel für eine Löschung des infrage stehenden Links entscheiden sollte. Genaue Kriterien, die für oder gegen eine derartige Löschung sprechen, geben sie dem Unternehmen allerdings nicht an die Hand. Laut »Süddeutsche.de« komme es auf die Gesamtbewertung eines jeden Antrags an. Dabei müsse unter anderem berücksichtigt werden, ob der Antragssteller die Information selbst öffentlich gemacht hatte. Eine wichtige Rolle spiele auch das Alter der Information. Je älter diese sei, desto eher sei der Löschungsanspruch zu bejahen. Für Personen des öffentlichen Lebens sollten die Hürden im Vergleich zu anderen höher gehängt werden, um auf sich bezogene Links entfernen zu lassen. Stellung nahmen die Sachverständigen auch zu der tatsächlich richtigen Berichterstattung. Auch in diesen Fällen soll es ein Löschungsrecht geben. Wenn die Fakten nicht mehr aktuell, nicht mehr relevant oder sehr privat sind, soll dem Einzelnen das »Recht auf Vergessenwerden« zustehen. Hiermit, so das Beiratsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, werde dem Gedanken des »Rechts auf eine zweite Chance« Rechnung getragen. Eine Privatperson solle nicht ein Leben lang mit einem negativen Ereignis in Verbindung gebracht werden. Der eigentliche Text werde hierbei allerdings nicht gelöscht, sondern lediglich die Links auf diesen Text.

Google hatte zur Umsetzung des EUGH-Urteils im Juni 2014 Formulare für Löschanträge online gestellt (vgl. Meldung vom 2. Juni 2014). Sofern einem Antrag entsprochen wird, bekommen die Betreiber der entsprechenden Webseiten von dem Konzern eine Mitteilung über die Löschungen. Diesen Automatismus lehnt der Experten-Beirat »Süddeutsche.de« zufolge ab. Mit der Information über die Löschung dürfe nicht erneut das Datenschutzrecht missachtet werden - und der Seitenbetreiber also nicht noch einmal mit der Nase auf die inkriminierte Information gestoßen werden.

Uneinigkeit herrscht innerhalb des Beirats hinsichtlich der örtlichen Reichweite des Löschungsanspruchs. Die Mehrheit spricht sich dafür aus, den Anspruch auf Löschung auf die Links auf EU-Domains zu beschränken. Dies entspricht dem bisherigen Vorgehen von Google (vgl. Meldung vom 20. Januar 2015). Wie »Süddeutsche.de« berichtet, plädiert die frühere deutsche Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger für eine Löschung, die »global für alle Domains« gilt. Sie erklärt: »Wenn ich bei der Google-Suche in Europa über Google.com die Artikel wiederfinde, auf die sich der Löschungsanspruch bezieht, wird der Anspruch umgangen«. Sie fordert den EU-Gesetzgeber daher auf, sich mit dieser Frage zu befassen. Eine ähnliche Auffassung wird auch in der Stellungnahme der Artikel 29 Datenschutzarbeitsgruppe vertreten.

 

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[IUM/kr]

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