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21.10.2011; 16:36 Uhr
Bundesdatenschutzbeauftragter Schaar überprüft Rechtmäßigkeit von Bundestrojanern
Innenminister bekräftigen Notwendigkeit der Überwachung

Diese Woche beauftragte der Innenausschuss des Bundestages den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar damit, die Rechtmäßigkeit von Bundestrojanern zu überprüfen. Die Prüfung bezieht sich auf die Spähsoftware der Bundespolizei, des Bundeskriminalamts und des Zollkriminalamts, nicht jedoch des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Bundesnachrichtendienstes und des militärischen Abschirmdienstes. Letztere unterliegen der Kontrolle der »G 10-Kommission« des Bundestages. Auf der gestrigen Innenministerkonferenz kündigte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) an, man werde zwecks der Entwicklung einer Überwachungssoftware durch den Bund ein Kompetenzzentrum für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung beim Bundeskriminalamt einrichten. Denn die »Überwachung von Internet-Kommunikation« bleibe »im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität unverzichtbar«.

»Technik darf sich nicht über rechtliche und verfassungsgerichtliche Vorgaben hinwegsetzen«, mahnte Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger während der Aktuellen Stunde des Bundestages zu den Themen Online-Durchsuchung und Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) am Mittwoch. Das BVerfG hat in seinem Urteil zur Online-Durchsuchung das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelte Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme eingeführt.

Zur Quellen-TKÜ stellte das BVerfG in dem besagten Urteil fest: »Wird ein komplexes informationstechnisches System zum Zweck der Telekommunikationsüberwachung technisch infiltriert (Quellen-Telekommunikationsüberwachung), so ist mit der Infiltration die entscheidende Hürde genommen, um das System insgesamt auszuspähen. Die dadurch bedingte Gefährdung geht weit über die hinaus, die mit einer bloßen Überwachung der laufenden Telekommunikation verbunden ist. Insbesondere können auch die auf dem Personalcomputer abgelegten Daten zur Kenntnis genommen werden, die keinen Bezug zu einer telekommunikativen Nutzung des Systems aufweisen. Erfasst werden können beispielsweise das Verhalten bei der Bedienung eines Personalcomputers für eigene Zwecke, die Abrufhäufigkeit bestimmter Dienste, insbesondere auch der Inhalt angelegter Dateien oder – soweit das infiltrierte informationstechnische System auch Geräte im Haushalt steuert – das Verhalten in der eigenen Wohnung«.

Das LG Landshut entschied Anfang dieses Jahres unter Verweis auf eine weit verbreitete Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass die Quellen-TKÜ nach § 100 a StPO zulässig sei (Beschluss vom 20. Januar 2011, Az. 4 Qs 346/10). Danach war die Überwachung einer Kommunikation im Internet via »Skype« rechtmäßig. Als »Annexkompetenz« sei auch das Aufspielen der Spähsoftware erfasst. Nur die im Abstand von 30 Sekunden gefertigten Screenshots, während der Internet-Browser aktiv geschaltet war, seien in rechtswidriger Umsetzung des Beschlusses kopiert worden. Damit sollten von den Verdächtigen verfasste Emails ausgespäht werden. Die Herstellung einer Internetverbindung und das Verfassen von Emails reiche für die Annahme eines Telekommunikationsvorganges nicht aus, da während des Schreibens von Mails kein Datenaustausch mit dem Server stattfinde. Das LG Landshut beruft sich bei dieser Auslegung auf das BVerfG.

Nach Angaben der »taz«, die auf Informationen des Chaos Computer Club (CCC) verweist, ist eine Quellen-TKÜ möglicherweise gar nicht erforderlich, um Internettelefonie auszuspähen. Auch die Bundesjustizministerin habe bereits darauf hingewiesen, dass eine Direkt-Abhörung über eine Schnittstelle bei Skype in Luxemburg stattfinden könnte. Skype sei allerdings nach Auskünften der Generalstaatsanwaltschaft Luxemburg nicht als Telekommunikationsunternehmen eingestuft, weswegen die Luxemburger Polizei keine Skype-to-Skype Gespräche abhören und dementsprechend auch keine Amtshilfe leisten könne.

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