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16.02.2010; 13:14 Uhr
Drei-Stufen-Test des NDR-Rundfunkrats zu »tagesschau.de« stößt auf Protest
Abstimmung über Mitberatungsvorlage des Gremiums durch andere ARD-Rundfunkräte bis Ende August 2010

Der Vorschlag (Zusammenfassung auf spiegel.de) des NDR-Rundfunkrates, das Online-Angebot »tagesschau.de« uneingeschränkt zu genehmigen, ist auf Kritik in Medien und Branchenverbänden gestoßen. Die »FAZ« kritisiert, der Rundfunkrat leugne das Bestehen publizistischer und ökonomischer Konkurrenz zwischen »tagesschau.de« und privaten Verlagen und Sendern indem er feststelle, der »qualitative publizistische Beitrag« von »tagesschau.de« »überwiege die negativen Auswirkungen auf die Wettbewerber deutlich«.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, Dietmar Wolff, kritisierte insbesondere, dass der NDR-Rundfunkrat versuche, »durch simple Umfirmierung von tagesschau.de zu einem multimedialen Angebot die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags auszuhebeln«. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger beanstandete auch die Aufhebung der Sieben-Tage-Verweildauer und den geplanten Anstieg des »tagesschau.de«-Etats um 50 Prozent von 4 auf 6 Millionen Euro sowie die Erhöhung des Etats für öffentlich-rechtliche Online-Angebote von geplanten 60 auf 160 Mio. Diese Maßnahmen stellten eine »Offensiv- und Verdrängungsstrategie der gebührenfinanzierten Website zu Lasten freier Websites« dar. Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) erklärte, durch die Einordnung von »tagesschau.de« als multimediales, nicht sendungsbezogenes Angebot würden die »essentiellen Grundregeln des Drei-Stufen-Tests so stark ausgehebelt, dass der Kern der Prüfung, die der Staatsvertrag vorsieht, vollkommen entwertet wird«. Dadurch würden die Vorgaben des Brüsseler Beihilfekompromisses zur schlichten Makulatur.

Umstritten ist auch die Genehmigung der Tagesschau-App für Smartphones. Die Vorsitzende des Rundfunkrates, Dagmar Gräfin Kerssenbrock, hatte dazu im Anschluss an die Rundfunkratssitzung Ende Januar erklärt: »Bei der Tagesschau-App geht es nicht um die Verbreitung neuer Inhalte, sondern um bessere Bedienbarkeit. Die ohnehin vorhandenen und seit langem mobil abrufbaren Inhalte von tagesschau.de lassen sich mit der App auf dem i-Phone besser und schneller aufrufen - um mehr geht es nicht«. Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust verteidigte unterdessen in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (15. Februar 2010) den Drei-Stufen-Test des Rundfunkgremiums. Er diene der »Abwägung zwischen Interessen der Allgemeinheit und den Interessen unserer publizistischen Mitbewerber, denen die EU gerade keine Schutzräume einräumt«.

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