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01.06.2012; 09:02 Uhr
Justizministerin für mehr Nutzerfreiheiten im Urheberrecht: »Kein Anlass für Kulturpressismus«
Deutsche Content Allianz fordert konkrete Reformvorschläge

In einem Gastbeitrag in der »FAZ« schreibt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über das im Zusammenhang mit der Urheberrechtsdebatte bestehende Interessengeflecht, in dem sich der Gesetzgeber nicht mit nur einem der Akteure verbünden könne. »Denn an welcher Stellschraube er auch dreht, er verengt in diesem Teamspiel immer die Bewegungsfreiheit für mindestens einen Mitspieler.« Im nationalen Bereich plädiert die Justizministerin daher derzeit zur gesetzgeberischen Zurückhaltung bei weiteren Urheberrechtsnovellen. Die Verschränkung der Akteure erlaube im Moment »keinen großen Wurf« und »kein Superreformgesetz«, das alle Interessenkonflikte der digitalen Welt auf einmal lösen könnte, so Leutheusser-Schnarrenberger. Mit immer weiteren Gesetzen könne der Schutz des geistigen Eigentums nicht verbessert werden. So hätten (auch) die letzten gesetzlichen Änderungen zwischen 1998 und 2009 zu »erheblichen Verkomplizierungen« am Text des UrhG sowie »deutlichen Akzeptanzproblemen« geführt. Vielmehr müssten die Selbstregulierungskräfte des Netzes geweckt und genutzt werden. Die Zentralgestalt des Netzes sei nicht der Staat, sondern der mündige Nutzer. »Transparenz und Information entfalten eine steuernde Kraft, die durch die Rechtssetzung unterstützt werden müssen.«

Aus diesem Grund sieht die Justizministerin die Einführung einer Kulturflatrate als den »falschen Weg« an. Eine »Fair Use«-Regelung nach US-Vorbild (»Erlaubt ist, was fair ist«) würde den Interessen nach Auffassung von Leutheusser-Schnarrenberger am ehesten gerecht. Das geltende Recht behindere neue kreative Kombinationen verschiedener Techniken wie »Remix« oder »Mashups«. Denn der Werkschaffende der digitalen Gesellschaft sei tatsächlich häufig »Prod-user«, also »jemand, der zugleich produziert und konsumiert, der Urheberrechte einerseits nutzt und andererseits erschafft«. »Für ihn wäre ›Fair Use‹ eine echte Arbeitserleichterung«, erklärt die Ministerin. Allerdings seien dem deutschen Gesetzgeber bei der Umstetzung die Hände gebunden. Denn für »Fair Use« sei zunächst eine europäische Rechtsänderung notwendig. Daher fordert die Justizministerin: »Wir brauchen eine Modernisierung, die gleichzeitig auf die Europäisierung des Rechts setzt«. Hier könne man über Regelungen für verwaiste Werke, Technikneutralität der Kabelweiterleitung und Leistungsschutz reden.

Die Deutsche Content Allianz begrüßt zwar, dass sich die Justizministerin »nach langer Abstinenz« in der Urheberrechtsdebatte wieder öffentlich zu Wort gemeldet habe, hält aber »einen Verweis auf weitere europäische und nationale Möglichkeiten zur Diskussion« für nicht ausreichend. Jürgen Doetz, Präsident des VPRT, fordert »eine klare Positionierung« der Ministerin, die sich auch in politischem Gestaltungswillen manifestieren müsse. Unter der Überschrift »Zeit zum Handeln« kritisieren die Mitglieder der Content Allianz in ihrer gemeinsamen Pressemitteilung die fehlende Fortentwicklung des Urheberrechtsgesetzes durch das Justizministerium. 

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