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06.12.2011; 14:23 Uhr
Supreme Court of Canada verhandelt in fünf Urheberrechtsfällen
Hauptfragen betreffen die öffentliche Zugänglichmachung von Musik und die Einordnung von »fair dealing« als Nutzerrecht

Wie »Intellectual Property Watch« meldet, befasst sich das höchste kanadische Gericht dieser Tage mit fünf Urheberrechtsfällen. Es sei das erste Mal, dass ein höchstes Gericht im anglo-amerikanischen Raum eine solche Anzahl von Urheberrechtsfällen in derart konzentrierter Zeit verhandelt. In den vergangenen Jahren soll der kanadische Supreme Court zusammen lediglich fünf Urheberrechtsfälle verhandelt haben. Die Verfahren gehen alle auf Entscheidungen des Copyright Board of Canada zurück. Diese Aufsichtsbehörde legt die Urheberrechtsvergütung bei kollektiver Werknutzung fest, kontrolliert Lizenzverträge und ist für die Lizenzvergabe bei verwaisten Werken zuständig.

Der kanadische Juraprofessor Michael Geist ordnet die fünf Urheberrechtsfälle zwei Hauptthemen zu. Zum einen gehe es um die Frage, wie viele Nutzungsrechte diejenigen, die im Geschäft der Spiele- und Musikdownloads involviert sind, lizenzieren müssen: Muss ein Computerspielehersteller, der seine Werke zum Download anbietet, sich auch für die im Spiel enthaltene Musik das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung einräumen lassen? Macht auch ein Internet Service Provider, der seinen Kunden den Zugriff auf Downloadangebote ermöglicht, diese öffentlich zugänglich? Im erstgenannten Fall klagt die Entertainment Software Association gegen die Urheberverwertungsgesellschaft SOCAN. Die ESA macht geltend, dass eine gesonderte Vergütung der Musikrechte nach Auslegung des Copyright Board nur für die öffentliche Zugänglichmachung, nicht aber für den physischen Datenträgerverkauf gelte und fordert angesichts dieser von ihr als Ungleichbehandlung empfundenen Handhabung eine »technologieneutrale« Auslegung.

Im zweiten Themenkomplex geht es laut Michael Geist um die Grenzen der Auslegung der »fair dealing«-Klausel, - das kanadische Equivalent des US-amerikanischen »fair use« - als Nutzerrecht. Der Supreme Court habe 2004 selbst entscheiden, dass »fair dealing« sehr weit auszulegen sei und ein Nutzerrecht darstelle. In einem Verfahren stellt sich nun die Frage, ob in Musikdownloadangeboten 30-sekündige Probeausschnitte unter »fair dealing« fallen oder ebenfalls lizenziert werden müssen. Zum anderen hat das Gericht darüber zu entscheiden, ob die Vervielfältigung von Textausschnitten aus Büchern zur Nachbearbeitung (»review«) von der Kindergartenstufe bis hin zur 12. Klasse »fair dealing« ist. In diesem Zusammenhang hat das Copyright Board of Canada u. a. entschieden, für die Anwendung der »fair dealing«-Klausel käme es entscheidend auf den vom Vervielfältigenden verfolgten Zweck und nicht auf den des Nutzers an.

In dem letzten vom Supreme Court zu entscheidenden Fall geht es um die Frage, ob »Soundtrackherstellern« und »Soundtrackkünstlern« im Zusammenhang mit Theateraufführungen und Fernsehausstrahlungen Vergütungsansprüche zustehen. Hier geht es vorrangig um die Definition von »sound recording« im Sinne des Copyright Act.

Hierzulande ist der Umfang der Nutzungsrechte bei Downloadangeboten ebenfalls streitig. Im »CELAS«-Fall ging es allerdings um die Frage, ob der Anbieter von Musikdownloads nur das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG, oder auch das Recht der Vervielfältigung nach § 16 UrhG braucht. Das OLG München entschied letztes Jahr, das »die Vervielfältigung bei der Herstellung von vertonten Kopien zum Zwecke der Online-Nutzung [...] keine selbstständige, als solche lizenzierbare Nutzungsart innerhalb der Nutzungsart Online-Nutzung« ist (vgl. Meldung vom 11. Juni 2010 mit weiteren Dokumenten zum Meinungsstreit).

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