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18.11.2014; 15:00 Uhr
BGH zu Verdachtsberichterstattung: Bei späterer Ausräumung des Verdachts Anspruch auf Nachtrag
Betroffener kann keine Richtigstellung der ursprünglich zulässigen Berichterstattung verlangen

Hintergrund ist ein Streit zwischen dem Kläger, dem ehemaligen Chefjustiziar einer Bank, und der Beklagten, der Verlegerin eines Nachrichtenmagazins. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Richtigstellung einer ihn betreffenden Berichterstattung. In dem strittigen Beitrag machte ein Dritter Anschuldigungen gegen den namentlich genannten Kläger. Dieser Dritte rückte später in einer notariellen Erklärung von seinen angeblichen früheren Aussagen ab. Ein gegen ihn und den Kläger eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.

Nach Ansicht des LG hat der Betroffene einen Anspruch auf Richtigstellung, wenn eine Verdachtsberichterstattung ausschließlich eine das Persönlichkeitsrecht verletzende Deutung zulässt. Zudem würde den Verdachtsberichterstatter in diesem Fall eine erweiterte Darlegungslast treffen (LG Hamburg, Urteil vom 20. April 2012, Az. 324 O 628/10; vgl. ZUM-RD 2012, 603). Das OLG verurteilte die Beklagte, in ihrem Nachrichtenmagazin unter der Überschrift »Richtigstellung« eine Erklärung zu veröffentlichen, wonach sie den Verdacht nicht aufrechterhalte. (OLG Hamburg, Urteil vom 28. Januar 2014, Az.: 7 U 44/12; vgl. ZUM-RD 2014, 354). 

Mit Urteil vom 18. November 2014 hob der VI. Zivilsenat des BGH das Urteil des OLG auf (BGH, Urteil vom 18. November 2014, Az.: VI ZR 76/14; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt).

Nach Auffassung des BGH enthält der angegriffene Beitrag eine den Kläger »nicht vorverurteilende Verdachtsberichterstattung, die nach dem für die revisionsrechtliche Prüfung maßgeblichen Sachvortrag der Beklagten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung rechtmäßig war«. 

Auch im Fall einer zum Veröffentlichungszeitpunkt zulässigen Verdachtsberichterstattung komme grundsätzlich ein Berichtigungsanspruch des Betroffenen in Betracht. Dies gelte unter der Bedingung, dass der Tatverdacht später ausgeräumt wird und die Rufbeeinträchtigung fortdauert. Allerdings müsse zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Recht der Presse auf Meinungs- und Medienfreiheit abgewägt werden: Demnach könne das Nachrichtenmagazin nicht verpflichtet werden, sich nach einer rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung selbst ins Unrecht zu setzen. Der Betroffene könne daher nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde.

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