mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
05.08.2015; 17:26 Uhr
Funke-Mediengruppe nimmt Afghanistan-Papiere wegen OLG Köln-Urteil vom Netz
Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH wird aufrechterhalten

Die Funke Mediengruppe, zu der die Westdeutsche Allgemeine Zeitung gehört, hat laut Pressemitteilung vom 5. August 2015 aufgrund der Androhung der Zwangsvollstreckung staatliche Dokumente zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan vom Netz genommen. Das Oberlandesgericht Köln hatte am 12. Juni 2015 im Rechtsstreit zwischen dem Bundesverteidigungsministerium (BMVg) und der Mediengruppe ein Urteil zugunsten der Behörde gefällt, wonach die Veröffentlichung die Urheberrechte des Ministeriums an den Dokumenten verletzt. Damit hatten die OLG-Richter die Vorinstanz des Landgerichts (LG) Köln bestätigt (OLG Köln, Az. 6 U 5/15 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt; LG Köln, ZUM 2015, 419 - nachzulesen bei Beck Online).

Im Fall hatte das BMVg gegen die Mediengruppe wegen der Veröffentlichung vertraulicher Unterlagen zum Afghanistankrieg geklagt. Die WAZ hatte mit »VS - nur für den Dienstgebrauch« markierte Papiere online zum Abruf gestellt. Die Dokumente dienten zur Unterreichtung des Parlaments über den Afghanistankrieg. Sie zeigen den Kriegsverlauf von 2005 bis Sommer 2012. Mit der Publizierung wollte die WAZ den »Verlauf der Auslandseinsätze dokumentieren«, so das Unternehmen. Durch die Dokumente sei ersichtlich, dass - entgegen den immer wiederkehrenden Behauptungen einiger Politiker - schon lange nicht mehr von einer »Friedensmission« geredet werden könne. 

Die Klage stützte das Verteidigungsministerium auf eine Verletzung des urheberrechtlichen Veröffentlichungsrechts gem. § 12 UrhG sowie der Rechte aus § 16 und § 19 a UrhG und bekam in den beiden bisherigen Instanzen Recht. Auch Mitteilungen vorgegebener Tatsachen oder Gebrauchszwecken dienende Schriftwerke seien gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 UrhG urheberrechtliche geschützt, sofern das Alltägliche, das Handwerksmäßige, die mechanisch-technische Aneinanderreihung des Materials deutlich überragt wird. Die erforderliche Individualität und schöpferische Leistung sahen die Richter in der systematisierten Auswahl und denknotwendig teilweise verkürzenden Aufbereitung der Sachinformation sowie der jeweiligen Darstellungsform. Ergänzend war nach Ansicht der OLG-Richter zu berücksichtigen, dass es sich um relativ lange Texte handelt, bei denen umso eher eine hinreichende eigenschöpferische Prägung erkannt werden kann. Den jeweiligen Texten sei trotz der darin enthaltenen Sachinformationen zumindest eine enger Schutzbereich zuzugestehen, der sie jeweils gegen eine identische Übernahme wie die vorliegende absichere.

Die Funke-Gruppe hat nun angekündigt, die bereits eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof aufrechtzuerhalten. »Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Veröffentlichung der Papiere rechtens war und ist«, so Thomas Kloß, Chefredakteur Online und Content Desk von Funke in Nordrhein-Westfalen. Die Bürger hätten ein Recht darauf zu wissen, was die Bundeswehr in ihrem Namen unternehme. 

Die Beklagte hatte im Verfahren eine weite Auslegung der Schrankenbestimmungen der §§ 50 und 51 UrhG gefordert. Inbesondere sei eine Ausweitung des § 51 UrhG im Informationsinteresse der Allgemeinheit, das im Streitfall einem nur behaupteten Geheimhaltungsinteresse und sonstigen Verwertungsinteressen der Klägerin vorgehe. Dem folgten die Richter nicht. Auch bei weiter Auslegung der Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 GG und deren Abwägung mit den Verwertungs- und Geheimhaltungsinteressen der Klägerin im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung der Schrankenbestimmungen, überwiegen die Grundrechte der Mediengruppe nach Ansicht der Richter nicht. Jedenfalls nicht dahingehend, dass auch die Veröffentlichungen der gesamten und ungekürzten so genannten Unterrichtung des Parlaments von dem Zweck der urheberrechtichen Schrankenregelung des Zitatrechts gedeckt sei. Auch eine journalistische Bearbeitung, Analyse oder vertiefte Auseinandersetzung der Beklagten mit den Berichten, wie sie das Zitatrecht fordere, sei nicht erfolgt.

Dokumente:

Institutionen:

[IUM/kr]

Permanenter Link zu dieser News Nr. 5452:

https://www.urheberrecht.org/news/5452/


Zurück zur Liste


Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.

Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.

Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!

Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.