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18.09.2015; 09:40 Uhr
Französischer Anwalt veröffentlicht kritischen Essay zur Urheberrechtspolitik der EU-Kommission
»Am Ende wird die Verlagslandschaft ausgeblutet zurückbleiben, werden die Autoren ohne ein Hemd auf dem Leib dastehen.«

Einem Bericht auf »boersenblatt.net« vom 16. September 2015 zufolge hat Richard Malka, der Anwalt des französischen Satiremagazins »Charlie Hebdo« in einem Essay die Urheberrechtspolitik der Europäischen Kommission heftig kritisiert. Wie »boersenblatt.net« berichtet, wird durch die geplanten Änderungen nach Ansicht Malkas der Diebstahl geistigen Eigentums legalisiert und der Weg in ein »kulturelles Inferno« geebnet. Die deutsche Übersetzungsfassung des Textes ist auf »boersenblatt.net« nun abrufbar. Der in Frankreich und Belgien bereits viel diskutierte Essay zieht dem Bericht zufolge die ökonomische Notwendigkeit der derzeit geplanten Novelle der europäischen Urheberrechts-Richtlinie in Zweifel. Nach Ansicht Malkas hat die Anpassung des Urheberrechts längst stattgefunden.

Die innerhalb der EU diskutierten Urheberrechtsänderungen hält der Franzose für das Ergebnis des Einflusses sowohl transatlantischer multinationaler Konzerne auf der einen Seite und libertärer Gruppierungen wie der Piraten auf der anderen. Das Urheberrecht werde als obsolet und reaktionär hingestellt, als ein Handicap für den freien Zugang zu Bildung und Wissen und als undemokratisch.

Anfang Juli 2015 hatte das EU-Parlament den viel diskutierten Entwurf der Europaabgeordneten Julia Reda (Piratenpartei), der die Umsetzung der EU-Info-Richtlinie von 2001 untersucht, angenommen (siehe zum Inhalt die Meldungen vom 17. Juni 2015 und 20. Januar 2015). Den so genannten Reda-Report und seine Verfasserin greift Malka in seinem Essay stark an. Reda sei »gerade mal 28 Jahre alt« und wische »ein komplettes Regelwerk zum Schutz des Urheberrechts« mit »leichter Hand« hinweg.

Einem Bericht von Julia Reda vom 16. Juni 2015 zufolge wird die EU-Kommission im Reda-Report dazu aufgefordert, eine Reihe von Maßnahmen zu prüfen, um das Urheberrecht mit der Lebensrealität der Europäer in Einklang zu bringen und den grenzüberschreitenden Zugang zu einer vielfältigen Kultur zu verbessern. Das Parlament ruft demnach dazu auf, Mindeststandards für die Öffentlichkeit festzulegen. Diese seien in einer Liste von Urheberrechtsausnahmen festgelegt. Eben in diesen Ausnahmen sieht Malka eine Gefahr.

Wenn künftig Bibliotheksnutzer im Rahmen der E-Book-Leihe unbegrenzt Titel ausleihen dürften stelle sich die Frage, wer noch E-Books kaufen solle - geschweige denn die Printversion. Der Report fordert die Zulässigkeit der automatisierten Auswertung von Text und Daten (text and data mining), soweit die Erlaubnis vorliegt, das Werk zu lesen. Nach Ansicht Malkas würde dann in Zukunft kein Verleger mehr Geld ausgeben, um solche kostenintensiven Tools überhaupt noch zu erstellen. Auch der Zwangsimport des amerikanischen »fair use«-Prinzips habe im europäischen Rechtssystem nichts verloren. 

Sämtliche im Report vorgesehenen Urheberrechtsausnahmen könnten zu »Millionen freier Downloads und zur Verbreitung unzähliger kostenfreier Digitalkopien führen«. Dies würde nicht nur die europäische Kulturindustrie erheblich schwächen, sondern Europa zum Jagdrevier übermächtiger Akteure machen.

Das Fazit Malkas lautet »Am Ende wird die Verlagslandschaft ausgeblutet zurückbleiben, werden die Autoren ohne ein Hemd auf dem Leib dastehen«. 

Dokumente:

[IUM/kr]

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