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09.07.2020; 12:41 Uhr
Urheberrechtlicher Auskunftsanspruch erstreckt sich nur auf Postanschrift
E-Mail-Adresse, IP-Adresse oder Telefonnummer laut EuGH nicht erfasst

Der EuGH hat entschieden, dass sich der Auskunftsanspruch des Urhebers zur Durchsetzung eines Rechts auf geistiges Eigentum aus der Richtlinie 2004/48/EG lediglich auf die Postanschrift des jeweiligen Verletzers bezieht (C-264/19).

Geklagt hatte die Constantin Film Verleih GmBH gegen die beiden Plattformen YouTube und Google, den Mutterkonzern von YouTube. Auf YouTube wurden in den Jahren 2013 und 2014 zwei Filme, deren ausschließliche Nutzungsrechte bei der Constantin Film Verleih GmBH liegen, durch verschiedene Nutzer ohne Zustimmung der Constantin Film Verleih GmBH hochgeladen und in der Folge mehrere zehntausend Male angeklickt. Die beiden amerikanischen Unternehmen weigerten sich jedoch, Auskünfte über die konkreten Nutzer, welche die Filme hochluden, wie deren IP-Adressen, Telefonnummern, E-Mail-Adressen und weitere Daten an die Constantin Film Verleih GmBH herauszugeben. Eine Postanschrift müssen Nutzer bei YouTube und Google hingegen nicht hinterlegen. Der BGH legte dem EuGH deshalb im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens die Frage vor, ob der Auskunftsanspruch aus Art. 8 RL 2004/48/EG neben der Postanschrift auch die Weitergabe elektronischer Daten der Nutzer erfasse. Dies verneinte bereits der in diesem Verfahren zuständige EuGH-Generalanwalt (vgl. Meldung vom 15. April 2020).

Dieser Einschätzung hat sich nun auch der Gerichtshof angeschlossen. Der Begriff "Adresse", welcher in der obigen Richtlinie verwendet wird, erfasse nach seinem gewöhnlichen Sinn schon lediglich die Postanschrift. Schließlich sei nicht zu erkennen, dass dem Begriff "Adresse" ein weiteres Verständnis zugrunde gelegt worden sei in dem Sinne, dass z.B. auch die E-Mail-Adresse erfasst werden soll. Auch im Vergleich mit anderen Rechtsakten der Union sei festzustellen, dass der Begriff "Adresse" ohne weitere Präzisierung weder die E-Mail-Adresse noch weitere elektronische Daten wie die IP-Adresse erfassen soll. Dies ergebe sich umso mehr, als die Richtlinie mindestharmonisierend sei und den Auskunftsanspruch auf klar umschriebene Auskünfte begrenzen wolle. Ferner solle ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Rechteinhabers sowie den Rechten der Nutzer auf Schutz von personenbezogenen Daten sichergestellt werden.

Der EuGH hat jedoch klargestellt, dass es den Mitgliedsstaaten unbenommen bliebe, einen weitergehenden Auskunftsanspruch für die Rechteinhaber zu normieren. Dieser müsse jedoch ein angemessenes Gleichgewicht gewährleisten sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. In Deutschland ist der Auskunftsanspruch in § 101 UrhG geregelt.

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