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05.07.2018; 20:42 Uhr
Abstimmung im EU-Parlament: Erste Reaktionen
Entwicklung der EU-Urheberrechtsreform weiter offen

Die Mehrheit im EU-Parlament hat sich am 5. Juli 2018 vorerst gegen die Aufnahme von Verhandlungen über den aktuellen Entwurf zur Urheberrechtsrichtlinie ausgesprochen (vgl. Meldung vom 5. Juli 2018). Die Reaktionen auf die Entscheidung sind so kontrovers wie die im Vorfeld geführte Debatte insbesondere über die Einführung eines EU-Leistungsschutzrechts und einer Upload-Filter-Regelung. 

»Heute ist ein schlechter Tag für Europas Kultur- und Kreativwirtschaft«, so der Vorstandsvorsitzende der GEMA, Dr. Harald Heker. Der Beschluss des Europäischen Parlaments schwäche die Stellung aller Kreativschaffenden. »Eine beispiellose Desinformationskampagne hat für Verunsicherung gesorgt und das kulturelle Wertegerüst zum Einsturz gebracht.«

Auch Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) nimmt zu dem Abstimmungsergebnis Stellung. Es sei »bedauerlich und gleichzeitig irritierend, dass das Schüren von Ängsten durch großangelegte Kampagnen der Reformgegner offensichtlich bei vielen vorerst verfangen hat«. »Die sehr guten Kompromisslinien, die die verschiedenen Interessen berücksichtigt haben, werden damit in Frage gestellt«, so Drücke. Es gelte nun, in den kommenden Monaten an tragfähigen Verbesserungen des europäischen Urheberrechts zu arbeiten, damit die wichtigen für Künstler und ihre Partner im Raum stehenden Fragen zur digitalen Lizenzierung endlich beantwortet werden. 

Nach Ansicht des Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) sei es nun »höchste Zeit für einen sachlichen Dialog«. Sie bedauern, dass das EU-Parlament vorerst nicht dem Vorschlag seines Rechtsausschusses für eine Modernisierung des Urheberrechts in der digitalen Welt gefolgt ist, erklären die Verbände in ihrer gemeinsamen Pressemitteilung. Sie vertrauen weiterhin auf eine Entscheidung des EU-Parlaments »für den Schutz der vielfältigen europäischen Presselandschaft im September«. »Es kann nicht sein, dass die deutliche Stimme der Buchautoren, Filmemacher, Musiker, Journalisten sowie der Unternehmen aus Medien und Kultur, die von rund 100 europäischen Verbänden der Kreativbranche artikuliert wurde, ungehört bleibt«, so die Sprecher. 

Zufrieden zeigen sich hingegen die Interessenvertreter der freien Journalisten Freischreiber. »Wir freuen uns über die Entscheidung des EU-Parlaments.« Laut Dr. Carola Dorner, Vorsitzende des Berufsverbands für freie Journalisten und Journalistinnen, ginge es in einigen Punkten nicht um eine Stärkung der Urheber, sondern um die Interessen von Verlagen, »die laut Definition keine Urheber sind«, was das Ziel der Reform verfehle. 

Der Bundesverband der Digitalen Wirtschaft (BVDW) und auch der Verband der Internetwirtschaft eco loben ebenfalls das Votum der EU-Abgeordneten. »Diese Entscheidung zeigt deutlich, dass der ursprüngliche Regulierungsansatz in vielen Punkten völlig unverhältnismäßig war«, so BVDW-Geschäftsführer Marco Junkeco-Vorstandsvorsitzender Oliver Süme erklärt: »Die EU hat heute die Chance genutzt, die offene und dezentrale Struktur des Internet zu bewahren. Das ist ein Sieg für die Meinungsfreiheit im Netz und eine wichtige Absage an schädliche und destruktive Regelungen wie Uploadfilter und Leistungsschutzrecht.«

Auch innerhalb der Bundesregierung gehen die Stimmen auseinander: Wie »Spiegel Online« berichtet, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Tag vor der Abstimmung, die Vorschläge seien »aus unserer Sicht in der vorliegenden Form nicht zustimmungsfähig«. Grundsätzlich unterstütze die Bundesregierung aber ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Wie der aktuellen Pressemeldung der Bundesregierung zu entnehmen ist, bedauert Kulturstaatsministerin Monika Grütter, »dass das Plenum des Europäischen Parlaments heute die Aufnahme der sogenannten Trilog-Verhandlungen abgelehnt hat«. Die weitere Anpassung des EU-Urheberrechts an die Herausforderungen der digitalen Welt sei überfällig und werde sich nun leider weiter verzögern.

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