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23.06.2020; 09:52 Uhr
Abwägung nach Art. 17 DSGVO erfolgt nach eigenen Maßstäben
OLG Karlsruhe zu "Recht auf Vergessenwerden" gegenüber Suchmaschine

Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass die bei einem Löschungsanspruch nach Art. 17 DSGVO gegen einen Internet-Suchmaschinenbetreiber erforderliche Abwägung unabhängig von den Grundsätzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach eigenen Grundsätzen erfolgt (6 U 129/18).

Das Gericht führte hierzu aus, dass die im Rahmen von Art. 17 DSGVO vorzunehmende Abwägung unabhängig von den Maßstäben durchzuführen sei, die zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelt wurden. Die Interessenabwägung sei nicht identisch, da geschütztes Rechtsgut des Art. 17 DSGVO der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 1 Abs. 1 DSGVO sei. Da die Rechtsmaterie laut erkennendem Senat "vollständig harmonisiert" sei, könne sich deren Auslegung lediglich nach dem Unionsrecht und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union richten, jedoch nicht nach dem Grundgesetz. Die für das nationale Recht entwickelten Grundsätze könnten hierfür aber Berücksichtigung finden. Für den Kläger seien im Rahmen des Löschungsanspruchs in der Abwägung die Grundrechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 7 GRCh und auf Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 GRCh zu berücksichtigen. Für den Suchmaschinenbetreiber greife sein Recht auf unternehmerische Freiheit aus Art. 16 GRCh. Schließlich müssten die unmittelbar betroffenen Grundrechte Dritter, also die Meinungsfreiheit der Inhalteanbieter und die Informationsinteressen der Nutzer bei der Abwägung berücksichtigt werden.

Ansprüche gegen den Inhalteanbieter und Ansprüche gegen den Betreiber der Suchmaschine stünden dabei in Wechselwirkung zueinander, wobei keiner der Ansprüche vor- oder nachrangig sei. Der Anspruch gegen den Suchmaschinenbetreiber sei jedoch nur dann begründet, wenn die Rechtswidrigkeit des Inhalts offensichtlich ist.

Der Senat hat die Revision zugelassen.

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