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13.02.2008; 10:43 Uhr
Biller und KiWi müssen 50.000 EUR Schmerzensgeld für »Esra« zahlen
LG München I gibt Schadensersatzklage der ehemaligen Freundin statt

Der Schriftsteller Maxim Biller und sein Verlag Kiepenheuer & Witsch müssen 50.000 EUR Schmerzensgeld an die ehemalige Freundin Billers wegen der identifizierenden Darstellung ihrer Biographie im Roman »Esra« zahlen. Dies entschied das Landgericht München I (LG München I) am 13.2.2008 durch Urteil (Az. 9 O 7835/06 - Veröffentlichung in der ZUM folgt).

Die ehemalige Freundin sieht sich in ihrem Persönlichkeitsrecht in schwerwiegender Weise verletzt, da sie durch die Beschreibung und die Biographie der Romanfigur »Esra« ohne weiteres als reale Person zu identifizieren sei. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 13.6.2007 bereits die Verbreitung des Romans wegen einer besonders schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts verboten (ZUM 2007, 829-845, Heft 11 - siehe auch Meldung vom 12.10.2007). Nachdem die mündliche Verhandlung ihrer Klage auf 50.000 EUR Geldentschädigung zunächst verschoben und dann am 5.12.2007 die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden war, gab nun die 9. Zivilkammer des LG München I ihrer Klage dem Grunde nach und auch in der Höhe statt.

Dabei stellten die Richter fest, dass unabhängig von der Frage der Wahrheit der Schilderungen weder das Intimleben noch das Mutter-Kind-Verhältnis legitime Gegenstände öffentlicher Erörterung seien. Dies verletze die Klägerin in ihrem Persönlichkeitsrecht derart schwerwiegend, dass auch das von der ihr in der Höhe geforderte Schmerzensgeld als angemessen zu bewerten sei. Es sei - wie das Gericht mitteilte - auch mit Blick auf die Wirkungen der Schadensersatzpflicht auf die Kunstfreiheit »unerlässlich, dass der ebenfalls grundgesetzlich gebotene Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit zivilrechtlichen Sanktionen durchgesetzt werden kann«.

Die Klage der Mutter »Esras« ist auf Wunsch der Parteien vom Verfahren abgetrennt worden und ruht derzeit, da noch nicht rechtskräftig geklärt ist, ob auch die Mutter der Klägerin den Roman bzw. einzelne Passagen, in denen sie dargestellt wird, verbieten lassen kann. Das BVerfG hatte dem Bundesgerichtshof das Verfahren insoweit zurückverwiesen.

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Dichtung oder Wahrheit? Anmerkungen zum Spannungsverhältnis zwischen Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrechtsschutz sowie zum Beschluss des BVerfG ZUM 2007, 829 - Esra, Aufsatz von Dr. Eva Inés Obergfell, München, ZUM 2007, 910-914 (Heft 12)
[IUM/hl]

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