»Durchsetzungsgesetz« tritt am 1. September 2008 in Kraft
Das »Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums« wird gem. Art. 10 des Gesetzes am 1. September 2008 in Kraft treten. Das vom Deutschen Bundestag am 11.4.2008 beschlossene Gesetz, gegen das der Bundesrat Ende Mai 2008 keinen Einspruch erhoben hatte, ist am 11. Juli 2008 im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl. I 2008, S. 1191 ff).
Das Artikelgesetz nimmt neben Änderungen im Patent-, Marken-, Gebrauchsmuster-, Halbleiterschutz-, Geschmackmuster- und Sortenschutzgesetz sowie der Kostenordnung wichtige Regelungen auch im Urheberrechtsgesetz vor. Mit über zweijähriger Verspätung werden damit die Vorgaben der EU-Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG (auch als Enforcement-Richtlinie bezeichnet) in nationales Recht umgesetzt. Neu eingeführt ist ein Drittauskunftsanspruch zugunsten von Rechteinhabern bei Rechtsverletzungen, dessen Anwendungsbereich vor allem bei Internet-Service-Providers (ISP) liegen wird, die unter bestimmten Voraussetzungen Informationen über die Identität der eigentlichen Rechtsverletzer, z. B. in Tauschbörsen herausgeben müssen. Eine der Voraussetzungen ist, dass der Rechtsverletzer selbst »in gewerblichem Ausmaß« gehandelt haben muss. Allein die Einführung dieses Merkmals war unter den Parteien im Bundestag sowie bei den Vertretern der betroffenen Seiten äußerst umstritten. Schließlich hatte sich der Rechtsausschuss darauf geeinigt, dieses Kriterium nicht nur nach der Anzahl der öffentlich zugänglich gemachten Dateien zu bemessen (Anzahl der Uploads), sondern auch daran, ob es sich um eine besonders umfangreiche Datei handelt, bspw. einen vollständigen Kinofilm, ein Musikalbum moder ein Hörbuch (siehe Meldungen vom 2.4 und 10.4.2008). Offen bleibt insofern, welcher quantitative und qualitative Maßstab bei reinen Downloadhandlungen anzulegen ist. Eine weitere, ebenfalls lange umstritten gebliebene Voraussetzung des Drittauskunftsanspruchs ist der Richtervorbehalt, wenn die ISP zur Auskunfterteilung auf dynamische IP-Adresssen zurückgreifen müssen (siehe z. B. Meldungen vom 20.6., 22.5. und 9.3.2007).
Nicht von der EU-Durchsetzungsrichtlinie vorgeschrieben ist hingegen die im neuen § 97 a UrhG vorgesehene Deckelung des Aufwendungsersatzes von Abmahnkosten in einfach gelagerten Fällen im nichtgewerblichen Bereich mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung auf 100 EUR. Eingefügt worden ist die neue Vorschrift erst in den Regierungsentwurf, um so missbräuchlichen Gebührenforderungen entgegenzuwirken. Auch hier war Kritik, insbesondere von Seiten der Rechtsanwälte und der Rechteinhaber, nicht unterblieben, die dies als ein falsches Signal werteten: Der Rechtsverletzer könne nun schon im Voraus eine »Kosten-Nutzen-Rechnung« aufmachen, während der Urheber faktisch bestraft werde, wenn er sein Urheberrecht durchsetzen wolle, da er die über die 100 EUR hinausgehenden Kosten selbst tragen müsse (siehe Meldungen vom 26.1.2007 und 16.8.2006). Nicht durchsetzen konnte sich die u. a. vom Bundesrat erhobene Forderung nach Einführung einer doppelten Lizenzgebühr als Schadensersatzvariante bei Rechtsverletzungen (siehe Meldungen vom 11.4.2008, 9.3. und 19.3.2007).
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Zu diesem Thema:
- Der »doppelte Schadenersatz« bei Urheberrechtsverletzungen - Eine alte und zunehmend aktuelle Forderung der Urheber und ausübenden Künstler, Aufsatz von Wolfgang Schimmel, Stuttgart, ZUM 2008, 384-390 (Heft 5)
- Starkes Recht und schwache Durchsetzung - Das Dilemma des Auskunftsanspruches und der Rechtsdurchsetzung im Internetzeitalter, Aufsatz von Dr. Kerstin Bäcker, Köln, ZUM 2008, 391-396 (Heft 5)
- Innere Sicherheit auf Vorrat? Ein erster kritischer Blick auf die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland, Aufsatz von Dr. Guido Brinkel und Judith Lammers, LL.M., Berlin, ZUM 2008, 11-22 (Heft 1)
- Die Störerhaftung des Inhabers eines Internetzugangs, Aufsatz von Dr. Stefan Ernst und Dirk Seichter, Freiburg/Karlsruhe, ZUM 2007, 513-518
- Die Abmahnung im Urheberrecht auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit? Aufsatz von Dr. Jonas Ewert, LL.M. und Dr. Nikolaus v. Hartz, Düsseldorf, ZUM 2007, 450-455
- Die Umsetzung der Enforcement-Richtlinie nach dem Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, Aufsatz von Prof. Dr. Gerald Spindler und Marc Philipp Weber, Göttingen, ZUM 2007, 257-266
- Verbesserung des Rechtsschutzes gegen Raubkopierer auf der Grundlage der EU-Enforcement-Richtlinie und deren Umsetzung in deutsches Recht, Aufsatz von Professor Dr. Mathias Schwarz und Dr. Anja Brauneck, München, ZUM 2006, 701-713
- Vorträge der Referenten und Diskussionsbericht (Federrath, Raabe, Kitz, Zombik und Langhoff) der Veranstaltung des Instituts für Urheber- und Medienrecht »Auskunftsanspruch gegen Internetprovider« am 7.4.2006, veröffentlicht in der ZUM 2006, 433-460
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