OLG Hamburg: Moses Pelham hätte Kraftwerk-Sample auch selbst einspielen können
Das OLG Hamburg hat letzte Woche im Rechtsstreit Kraftwerk/Moses Pelham nach Rückverweisung durch den BGH entschieden (Urteil vom 17. August 2011, Az. 5 U 48/05, Veröffentlichung in ZUM folgt). Nach den Vorgaben der Bundesrichter war noch zu prüfen, ob sich die Komponisten des von Sabrina Setlur gesungenen Stückes »Nur mir« hinsichtlich der Verwendung eines zweisekündigen Samples aus »Metall auf Metall« auf die freie Benutzung berufen können. Der BGH wendete § 24 UrhG im Rahmen der Tonträgerherstellerrechte der Kläger analog an. Denn wenn eine freie Benutzung von urheberrechtlich geschützten Werken erlaubt ist, müsse dies erst recht gegenüber Leistungsschutzrechten gelten - auch wenn in diesem Fall die Gestaltungsmöglichkeiten geringer seien. Eine Analogie komme aber nicht in Betracht, wenn der Verwender eines Samples in der Lage ist, die Sequenz auch selbst einzuspielen. Dann stehe das Original einer kulturellen Weiterentwicklung, wie sie von § 24 UrhG gewahrt werden solle, nicht entgegen und eine Berufung auf die freie Benutzung müsse dem Samplenden verwehrt bleiben.
Das OLG Hamburg entschied, dass das »Metall auf Metall«-Sample nachspielbar war und stellte dabei auf einen »mit durchschnittlichen Fähigkeiten und technischen Möglichkeiten« ausgestatteten Musikproduzenten ab. Ob die selbst hergestellte Sequenz gleichwertig ist, sei von dem konkret angesprochenen Hörerkreis zu beurteilen. Zwei Sachverständige Zeugen hätten bereits 1997 mit Synthesizer, und Hammerschlägen auf Metallschubkarren und Zinkregale ein gleichwertige Sequenz hergestellt.
Das LG Hamburg hat im Fall Dark Sanctuary/Bushido ebenfalls das Kriterium der Nachspielbarkeit angewendet und entschieden, dass es hierbei nicht auf den persönlichen Fähigkeiten des Sample-Verwenders ankomme, sondern ob dieser das Sample selbst einspielen konnte. Selbst Einspielen umfasse im Gegensatz zu persönlich Einspielen auch, dass der Sample-Verwender die Sequenz einspielen lässt.
Malte Stieper gehört zu den Kritikern der BGH-Entscheidung. In seiner Anmerkung zu »Metall auf Metall« führt er aus, dass das vom BGH aufgestellte Kriterium der Nachspielbarkeit im Grunde dem Kriterium der Erforderlichkeit, welches die Bundesrichter längst aufgegeben hätten, entspreche. Der Einsatz von Gestaltungsmitteln sei aber stets erforderlich, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Der BGH hätte daher laut Stieper darauf abstellen sollen, ob ein Sample als unersetzbares künstlerisches Gestaltungsmittel oder als austauschbarer musikalischer Baustein eingesetzt wurde.
Dokumente:
- Pressemitteilung des OLG Hamburg vom 19. August 2011
- Urteile des BGH vom 20. November 2008, Az. I ZR 112/06, ZUM 2009, 219 und OLG Hamburg vom 7. Juni 2006, Az. 5 U 48/05, ZUM 2006, 758 sowie Malte Stieper: Anmerkung zum BGH I ZR 112/06 (»Metall auf Metall«), ZUM 2009, 223(Volltexte bei Beck Online)
- Urteil des LG Hamburg vom 23. März 2010, Az. 310 O 155/08, ZUM-RD 2010, 399 (Volltext bei Beck Online)
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