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06.03.2013; 14:05 Uhr
Börsenverein kritisiert Zweitveröffentlichungsrecht für steuerfinanzierte Wissenschaftler
Hogrefe: »...kostenträchtige und ineffiziente Repositorienlandschaft für nicht zitierfähige Versionen bereits veröffentlichter Zeitschriftenbeiträge

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels äußert sich kritisch zu dem im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zur Novellierung des Urheberrechts vorgesehenen Zweitveröffentlichungsrecht für steuerfinanzierte Wissenschaftler. »Der Wissenschaftsstandort Deutschland benötigt nachhaltige Strukturen für Open Access-Publikationen und keine kostenträchtige und ineffiziente Repositorienlandschaft für nicht zitierfähige Versionen bereits veröffentlichter Zeitschriftenbeiträge«, erklärte der Vorsitzende des Urheber- und Verlagsrechtsausschusses des Börsenvereins, der Göttinger Wissenschaftsverleger Jürgen Hogrefe. Die Einführung eines Zweitveröffentlichungsrechts benachteilige deutsche Wissenschaftler gegenüber ausländischen und gefährde ihre Publikationsmöglichkeiten in Deutschland. Weiter erwartet der Börsenverein durch die Regelung anstatt der beabsichtigten Einsparungen höhere Kosten für Bibliotheken und eine erhöhte Abhängigkeit der deutschen Wissenschaft von im Ausland verlegten Zeitschriften. 

Im Entwurf des BMJ sind nicht nur die Umsetzung der Richtlinie zum Umgang mit verwaisten Werken enthalten, sondern auch eine Annäherung an Open Access. In dem vorgesehenen § 38 Abs. 4 UrhG wird ein unabdingbares Zweitverwertungsrecht für Autoren von wissenschaftlichen Beiträgen in Periodika eingeführt, die überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden. Der Autor erhält danach das Recht, seinen Beitrag nach einer Frist von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung zu nicht gewerblichen Zwecken erneut öffentlich zugänglich zu machen.

In einer heute veröffentlichten Stellungnahme kritisiert der Börsenverein daher, dass die Schaffung des geplanten Zweitveröffentlichungsrechts nicht geeignet sei, das vom Referentenentwurf definierte gesetzgeberische Ziel zu erreichen. Weiter stehe zu befürchten, dass geistes- und sozialwissenschaftliche Datenbanken und Zeitschriften in deutscher Sprache allmählich verschwänden bzw. nur noch in ineffizienten staatlichen Publikationsstrukturen hervorgebracht werden könnten. Die Novellierung führe zu einer Benachteiligung der deutschen Verlage im Wettbewerb mit ausländischen Verlagshäusern und führe auf eine entschädigungslose Enteignung der Leistungen deutscher Verlage hinaus, die europa- und verfassungsrechtlich bedenklich sei. 

Der Börsenverein fordert daher eine ersatzlose Streichung der Regelung.

Der Entwurf des BMJ erfährt allerdings nicht nur Kritik in der Stellungnahme. Ausdrücklich gelobt wird die Lösung für die Digitalisierung vergriffener und sogenannter verwaister deutscher Bücher und deren Zugänglichmachung im Internet im Rahmen der Deutschen Digitalen Bibliothek. »Nicht zuletzt zeigt die Regelung, dass solche Probleme statt durch millionenfachen Urheberrechtsbruch auch im Rahmen des geltenden Urheberrechtssystems vernünftig gelöst werden können«, kommentierte Jürgen Hogrefe die Regelung spielt dabei dem Börsenverein zufolge auf das Buchscan-Projekt der Firma Google (vgl. Meldung vom 5. Oktober 2012) an.

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