Urheberrechtler warnen vor "Klarstellung" bei Privatkopien
Die Forderungen der deutschen Verwertungswirtschaft, bei Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie strittige Fragen im Zusammenhang mit der Anfertigung von Privatkopien klarzustellen, ist bei deutschen Urheberrechtlern auf Kritik gestoßen. Das Institut für Rechtsfragen der freien und Open Source Software (ifrOSS) machte darauf aufmerksam, die von Verlegern und Verwertungsgesellschaften vorgeschlagene Änderung des deutschen Urheberrechtsgesetzes (UrhG), nach der "Kopien von illegalen Quellen niemals rechtmäßige Privatkopien sein könnten", entspreche nicht geltendem Recht, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und werde auch von der EU-Urheberrechtsrichtlinie nicht gefordert. Die Berliner Wissenschaftler meinten, auch mit der zunehmenden Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke über das Internet ließe sich die vorgeschlagene Einschränkung von Verbraucherrechten nicht rechtfertigen. Die Regelungen würden für die Verbraucher große Rechtsunsicherheit schaffen und damit das Recht zur Anfertigung von Privatkopien "unterwandern", warnte das Institut. Außerdem könnten bestimmte Arten von Onlineangeboten, insbesondere Dateitauschbörsen, kaum noch angeboten und erst recht nicht mehr benutzt werden. Zusammenfassend sei dem deutschen Gesetzgeber "dringend zu empfehlen", von den vorgeschlagenen Regelungen "Abstand zu nehmen", meinen die Berliner Urheberrechtler.
Verbände der Buch-, Musik- und Filmbranche und der deutschen Verwertungsgesellschaften hatten Ende Oktober 2001 in einer gemeinsamen Erklärung gefordert, bei der Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie müsse die Zulässigkeit von Privatkopien "umfassend neubewertet" werden. So gebe es keinen Grund mehr, die nach geltendem Recht zulässigen Vervielfältigungen zu privaten oder sonstigen eigenen Zwecken durch Dritte weiter zu erlauben. Im UrhG solle außerdem klargestellt werden, dass Vervielfältigungen aus rechtswidrigen Quellen niemals rechtmäßige Privatkopien sein könnten. Dabei gehe es "um die Durchsetzung des bereits dem gültigen Gesetzt zu Grunde liegenden Gedanken, dass das Produkt einer unerlaubten Handlung nicht legalisiert werden kann". Das Bundesjustizministerium habe sich bereits selbst in diesem Sinne geäußert, meinten die Unterzeichner der Erklärung. Das ifrOSS hält dem entgegen, nach ganz herrschender Meinung komme es nach geltendem Recht für das Recht auf Anfertigung von Privatkopien gerade nicht darauf an, wie und woher die Kopiervorlage beschafft worden sei. Eine Ausnahme gelte nach dem BGH nur dann, wenn die Vorlage durch Diebstahl erlangt worden sei. Die Stimmen in der Literatur, die seit kurzem eine einschränkende Auslegung des einschlägigen § 53 des UrhG verlangten, seien klar in der Minderzahl, betonte das Institut.
Dokumente:
- Stellungnahme des ifrOSS zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie
- Stellungnahme des "Forums der Rechteinhaber" zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie v. 24.10.2001
- EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (EU-Urheberrechtsrichtlinie), 2001/29/EG, konsolidierte Fassung
- Urheberrechtsgesetz vom 17.12.1999 (UrhG)
Institutionen:
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