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DSM-Richtlinie

Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG

Gesetzestext

RICHTLINIE (EU) 2019/790
DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 17. April 2019
über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG
(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 53 Absatz 1, Artikel 62 und Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

 

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Der Vertrag sieht die Errichtung eines Binnenmarkts und die Einführung eines Systems vor, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verzerrungen schützt. Die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte sollte einen weiteren Beitrag zur Verwirklichung dieser Ziele leisten.

(2) Die bestehenden Richtlinien zu den Urheberrechten und verwandten Schutzrechten gewähren Rechtsinhabern ein hohes Maß an Schutz und bieten einen Regelungsrahmen, in dem Werke und sonstige Schutzgegenstände verwertet werden können. Dieser harmonisierte Rechtsrahmen trägt dazu bei, dass der Binnenmarkt gut funktioniert, und schafft Anreize für Innovation, Kreativität, Investitionen und die Produktion neuer Inhalte, auch im digitalen Umfeld. Der von diesem Rechtsrahmen gebotene Schutz leistet zudem einen Beitrag zu dem Ziel der Union, die kulturelle Vielfalt zu wahren und zu fördern und gleichzeitig das gemeinsame kulturelle Erbe Europas hervorzuheben. Nach Artikel 167 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union trägt die Union bei ihrer Tätigkeit den kulturellen Aspekten Rechnung.

(3) Die rasanten technologischen Entwicklungen führen zu einem ständigen Wandel in der Art und Weise, wie Werke und sonstige Schutzgegenstände geschaffen, erzeugt, vertrieben und verwertet werden. Es entstehen laufend neue Geschäftsmodelle und neue Akteure treten auf den Plan. Die im Urheberrechtsrahmen der EU festgelegten Ziele und Grundsätze gelten zwar nach wie vor, doch verbleibt sowohl für die Rechteinhaber als auch die Nutzer im Hinblick auf bestimmte, auch grenzübergreifende Arten der Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen in einem digitalen Umfeld die Rechtsunsicherheit bestehen. Wie bereits in der Mitteilung der Kommission „Schritte zu einem modernen, europäischeren Urheberrecht“ dargelegt, ist es in einigen Bereichen notwendig, den geltenden Urheberrechtsrahmen der EU anzupassen und zu ergänzen. Diese Richtlinie enthält Vorschriften für die Anpassung bestimmter Ausnahmen und Beschränkungen an ein digitales und grenzübergreifendes Umfeld sowie Maßnahmen, mit denen bestimmte Lizenzierungsverfahren im Hinblick auf die Verbreitung vergriffener Werke und die Online-Verfügbarkeit audiovisueller Werke auf Plattformen für den Videoabruf erleichtert werden sollen, um einen größeren Zugang zu Inhalten zu ermöglichen. Für einen gut funktionierenden Urheberrechtsmarkt sollten auch Vorschriften festgelegt werden, mit denen die Rechte an Veröffentlichungen sowie die Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen durch Anbieter von Online-Diensten geregelt werden, die von Nutzern hochgeladene Inhalte speichern und zugänglich machen, zudem sollten diese Vorschriften für Transparenz bei den Verträgen mit Urhebern und ausübenden Künstlern sorgen.

(4) Diese Richtlinie stützt sich auf die einschlägigen, geltenden Richtlinien, insbesondere die Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, die Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, die Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, die Richtlinie 2012/28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates und die Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates.

(5) In den Bereichen Forschung, Bildung und Erhaltung des Kulturerbes ermöglicht die Digitaltechnik neue Arten der Nutzungen, die von den geltenden EU-Vorschriften über Ausnahmen und Beschränkungen nur unzureichend abgedeckt sind. Zudem kann die Tatsache, dass die in den Richtlinien 2001/29/EG, 96/9/EG und 2009/24/EG für diese Bereiche festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen nur fakultativ sind, das Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen. Dies trifft vor allem auf grenzübergreifende Nutzungen zu, die in einem digitalen Umfeld zunehmend an Bedeutung gewinnen. Daher sollten die für die wissenschaftliche Forschung, Unterrichtszwecke und den Erhalt des kulturellen Erbes im Unionsrecht bestehenden Ausnahmen und Beschränkungen im Hinblick auf diese neuen Nutzungen neu bewertet werden. So sollten für die Nutzungen von Text- und Data-Mining-Techniken im Bereich der wissenschaftlichen Forschung, der Veranschaulichung im Unterricht in einem digitalen Umfeld und des Erhalts des kulturellen Erbes verbindliche Ausnahmen und Beschränkungen eingeführt werden. Für Nutzungen, die von den in dieser Richtlinie genannten Ausnahmen und Beschränkungen nicht erfasst werden, sollten weiterhin die im Unionsrecht festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen gelten. Die Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG sollten angepasst werden.

(6) Mit den in dieser Richtlinie festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen soll ein angemessener Rechte- und Interessenausgleich zwischen den Urhebern und anderen Rechteinhabern einerseits und den Nutzern andererseits gewahrt werden. Sie können nur in bestimmten Sonderfällen geltend gemacht werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechteinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.

(7) Der in der Richtlinie 2001/29/EG festgelegte Schutz technischer Maßnahmen ist für den Schutz und die wirksame Wahrnehmung der den Urhebern und anderen Rechteinhabern nach dem Unionsrecht gewährten Rechten nach wie vor unerlässlich. Dieser Schutz sollte aufrechterhalten werden, wobei gewährleistet sein muss, dass der in einem Online-Umfeld besonders wichtige Einsatz technischer Maßnahmen die Inanspruchnahme der in dieser Richtlinie festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen nicht behindert. Rechteinhaber sollten die Möglichkeit haben, dies durch freiwillige Maßnahmen zu gewährleisten. Ihnen sollte es freistehen, das Format und die Modalitäten für die Mittel festzulegen, die es den Begünstigten ermöglichen, die in dieser Richtlinie genannten Ausnahmen und Beschränkungen wahrzunehmen, sofern diese Mittel geeignet sind. Werden keine freiwilligen Maßnahmen ergriffen, sollten die Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen entsprechend Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2001/29/EG festlegen. 

(8) Neue, im Allgemeinen als Text- und Data-Mining bekannte Techniken ermöglichen es, in digitaler Form vorliegende Informationen wie Texte, Töne, Bilder oder Daten mit Hilfe des Computers automatisch auszuwerten. Mit Hilfe dieser Techniken können Forscher riesige Informationsmengen verarbeiten lassen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und neue Trends zu erkennen. Das Text- und Data-Mining ist die vorherrschende Technik in der Digitalwirtschaft, doch besteht Einvernehmen darüber, dass diese Technik vor allem für die Forschung von besonderem Nutzen ist und damit auch Anreize für Innovationen schafft. In der Union sehen sich Forschungsorganisationen wie Hochschulen und Forschungseinrichtungen allerdings damit konfrontiert, dass hinsichtlich des möglichen Umfangs des Text- und Data-Mining von Inhalten Rechtsunsicherheit herrscht. Mitunter beinhaltet das Text- und Data-Mining Handlungen, die durch das Urheberrecht oder durch das Sui-generis-Recht an Datenbanken geschützt sind, vor allem wenn es um die Reproduktion von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen und/oder um die Entnahme von Inhalten aus einer Datenbank geht. Können keine Ausnahmen oder Beschränkungen geltend gemacht werden, müsste die Genehmigung für solche Handlungen vom Rechteinhaber eingeholt werden. Erfolgt das Text- und Data-Mining in Bezug auf reine, nicht urheberrechtlich geschützte Fakten oder Daten, wird keine Genehmigung benötigt.

(9) Das EU-Recht sieht bereits bestimmte Ausnahmen und Beschränkungen für Nutzungen zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung vor, die auf Handlungen des Text- und Data-Mining angewandt werden können. Diese Ausnahmen und Beschränkungen sind jedoch fakultativ und an die Techniken in der wissenschaftlichen Forschung noch nicht vollständig angepasst. Zudem können die Lizenzbedingungen in den Fällen, in denen Forscher einen rechtmäßigen Zugang zu Inhalten haben, etwa durch das Abonnieren von Veröffentlichungen oder durch Lizenzen für den offenen Zugang, einen Ausschluss vom Text- und Data-Mining vorsehen. Da die Unterstützung durch die Digitaltechnik in der Forschung eine immer größere Rolle spielt, besteht die Gefahr, dass die Wettbewerbsposition der Union in der Forschung hiervon beeinträchtigt wird, wenn die Rechtsunsicherheit beim Text- und Data-Mining nicht beseitigt wird.

(10) Diese Rechtsunsicherheit könnte durch die Einführung einer verbindlichen Ausnahme für das Vervielfältigungsrecht, aber auch für das Recht, Entnahmen aus einer Datenbank zu untersagen, beseitigt werden. Die neue Ausnahmeregelung sollte unbeschadet der in Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29/EG bereits festgelegten Ausnahme für vorübergehende Vervielfältigungshandlungen gelten, die weiterhin auf Text- und Data-Mining-Techniken angewandt werden sollte, sofern diese nicht die Anfertigung von Kopien in einem über diese Ausnahme hinausgehenden Umfang beinhalten. Forschungsorganisationen, die an einer öffentlich-privaten Partnerschaft beteiligt sind, sollten auf diese Ausnahme auch zurückgreifen können.

(11) In der Union gibt es eine Vielzahl von Forschungsorganisationen, deren vorrangiges Ziel die wissenschaftliche Forschung ist oder die Forschung in Verbindung mit Lehre. Angesichts der Vielfalt dieser Einrichtungen sollte ein Konsens über die Begünstigten der Ausnahmeregelung erzielt werden. Trotz unterschiedlicher Rechtsformen und Strukturen ist den Forschungsorganisationen in der Regel unionsweit gemein, dass sie entweder nicht gewinnorientiert sind oder in staatlich anerkanntem Auftrag im öffentlichen Interesse handeln. Kennzeichnend für einen solchen Auftrag im öffentlichen Interesse ist beispielsweise die Finanzierung durch die öffentliche Hand oder sind Bestimmungen im einzelstaatlichen Recht oder öffentlichen Verträgen. Für die Zwecke dieser Richtlinie sollten hingegen Organisationen nicht als Forschungsorganisationen gelten, wenn sie dem bestimmenden Einfluss gewerblicher Unternehmen unterliegen, die aufgrund der strukturellen Gegebenheiten beispielsweise als Anteilseigner oder Mitglieder Kontrolle ausüben können und dadurch einen bevorzugten Zugang zu den Forschungsergebnissen erhalten könnten.

(12) Rechnen Rechteinhaber mit einer großen Anzahl von Zugangs- und Download-Anfragen für ihre Werke oder sonstige Schutzgegenstände, sollten sie in den Fällen Maßnahmen anwenden können, in denen die Sicherheit und Integrität des Systems oder der Datenbanken, in denen die Werke oder sonstige Schutzgegenstände gespeichert sind, gefährdet sind. Solche Maßnahmen sollten nicht über das zur Erreichung des Ziels notwendige Maß hinausgehen, d. h. die Gewährleistung der Sicherheit und Integrität des Systems, und sollten der wirksamen Anwendung der Ausnahme nicht entgegenstehen.

(13) Für die Nutzungen im Rahmen der mit dieser Richtlinie eingeführten Ausnahme für das Text- und Data-Mining muss kein Ausgleich für die Rechteinhaber vorgesehen werden, da der Schaden angesichts der Art und des Umfangs der Ausnahme gering sein dürfte.

(14) Nach Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2001/29/EG können die Mitgliedstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung für den ausschließlichen Zweck beispielsweise der Veranschaulichung im Unterricht vorsehen. Zudem sind nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 9 Buchstabe b der Richtlinie 96/9/EG die Benutzung einer Datenbank und die Entnahme oder Weiterverwendung eines wesentlichen Teils ihres Inhalts für die Zwecke der Veranschaulichung im Unterricht gestattet. In welchem Umfang diese Ausnahmen oder Beschränkungen für digitale Nutzungen gelten, ist unklar. Zudem ist unklar, ob diese Ausnahmen oder Beschränkungen auch dann gelten, wenn der Unterricht online und damit auf Distanz stattfindet. Darüber hinaus wird vom geltenden Rechtsrahmen der grenzübergreifende Aspekt nicht erfasst. Dies könnte die Entwicklung digital unterstützter Lehrtätigkeiten und des digital unterstützten Fernunterrichts behindern. Daher ist es erforderlich, eine neue verbindliche Ausnahme oder Beschränkung einzuführen, damit Bildungseinrichtungen uneingeschränkte Rechtssicherheit erhalten, wenn sie Werke oder sonstige Schutzgegenstände bei digital unterstützten Lehrtätigkeiten – auch online oder grenzübergreifend – verwenden.

(15) Zwar werden Fernlernprogramme oder grenzübergreifende Bildungsprogramme meist für höhere Bildungsebenen entwickelt, doch finden digitale Werkzeuge und Ressourcen zunehmend auf allen Bildungsebenen Einsatz, um vor allem Lernergebnisse zu verbessern und die Lernerfahrung zu bereichern. Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen sollten daher allen Bildungseinrichtungen in der Primar- und Sekundarstufe sowie den Berufsbildungseinrichtungen und den Einrichtungen der höheren Bildung zugute kommen, sofern sie mit ihren Lehrtätigkeiten keinen gewerblichen Zweck verfolgen. Für die Feststellung, ob die Tätigkeiten nichtgewerblicher Art sind, sind die Organisationsstruktur und die Finanzierung einer Bildungseinrichtung nicht entscheidend.

(16) Die Ausnahme oder Beschränkung sollte sich auf digitale Nutzungen von Werken und sonstigen Schutzgegenständen erstrecken, beispielsweise auf die Nutzung von Teilen oder Auszügen von Werken, mit denen der Unterricht und damit zusammenhängende Lerntätigkeiten unterstützt, bereichert und ergänzt werden. Die Ausnahme oder Beschränkung für die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen sollte nur im Zusammenhang mit den Lehr- und Lerntätigkeiten, einschließlich Prüfungen, gelten, die unter der Verantwortung der Bildungseinrichtungen durchgeführt werden und die sich auf das für die Zwecke dieser Tätigkeiten Notwendige beschränken. Die Ausnahme oder Beschränkung sollte sich sowohl auf Nutzungen mit Hilfe digitaler Mittel im Klassenraum als auch auf Nutzungen erstrecken, für die das durch Authentifizierungsverfahren gesicherte elektronische Netz der Bildungseinrichtung verwendet wird. Es sollte davon ausgegangen werden, dass die Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf die Veranschaulichung im Unterricht die besonderen Zugangsbedürfnisse von Menschen mit Behinderungen abdeckt.

(17) Hinsichtlich der Umsetzung der in der Richtlinie 2001/29/EG festgelegten Ausnahme oder der Lizenzvereinbarungen über weitere Nutzungen bestehen in einigen Mitgliedstaaten unterschiedliche Regelungen, um die Verwendung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen für Bildungszwecke zu vereinfachen. Diese Regelungen orientieren sich meist an den Bedürfnissen der Bildungseinrichtungen und der verschiedenen Bildungsebenen. Es kommt zwar darauf an, den Umfang der neuen verbindlichen Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf digitale Nutzungen und grenzübergreifende Lehrtätigkeiten zu harmonisieren, doch die Modalitäten der Umsetzung dürfen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat abweichen, so lange sie die wirksame Anwendung der Ausnahme oder Beschränkung oder grenzübergreifende Nutzungen nicht behindern. Dies dürfte es den Mitgliedstaaten ermöglichen, auf den auf nationaler Ebene vereinbarten Regelungen aufzubauen. So könnten Mitgliedstaaten beschließen, die Anwendung der Ausnahme oder Beschränkung vollständig oder teilweise von der Verfügbarkeit geeigneter Lizenzen abhängig zu machen, die mindestens dieselben Nutzungen abdecken wie die im Rahmen der Ausnahme genehmigten. Mit Hilfe dieses Mechanismus könnte den Lizenzen für Materialien, die vor allem für den Bildungsmarkt gedacht sind, Vorrang eingeräumt werden. Damit solche Mechanismen für Bildungseinrichtungen nicht zu Rechtsunsicherheit führen oder deren Verwaltungsaufwand erhöhen, sollten die Mitgliedstaaten, die sich für dieses Konzept entscheiden, konkrete Maßnahmen ergreifen, um die leichte Verfügbarkeit von Lizenzierungsmodellen zu gewährleisten, die digitale Nutzungen von Werken und sonstigen Schutzgegenständen für Lehrzwecke ermöglichen, und dafür sorgen, dass diese Lizenzierungsmodelle den Bildungseinrichtungen auch bekannt sind.

(18) Für den Erhalt eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands in der Sammlung einer Einrichtung des Kulturerbes kann es notwendig sein, eine Vervielfältigung vorzunehmen, wofür die Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers benötigt wird. Einrichtungen des Kulturerbes setzen sich dafür ein, ihre Sammlungen für künftige Generationen zu erhalten. Zwar bietet die Digitaltechnik neue Möglichkeiten, das in diesen Sammlungen bewahrte Erbe zu erhalten, doch wirft sie dabei auch neue Fragen auf. Daher ist es notwendig, den geltenden Rechtsrahmen anzupassen, indem eine verbindliche Ausnahme in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht für solche, dem Erhalt dienende Handlungen eingeführt wird.

(19) Die unterschiedlichen Konzepte in den Mitgliedstaaten für die dem Erhalt dienenden Handlungen durch Einrichtungen des Kulturerbes führen dazu, dass im Binnenmarkt die grenzübergreifende Zusammenarbeit der Einrichtungen des Kulturerbes und die gemeinsame Nutzung von Mitteln für den Erhalt behindert und Ressourcen ineffizient eingesetzt werden.

(20) Die Mitgliedstaaten sollten daher dafür sorgen, dass Einrichtungen des Kulturerbes die in ihren Sammlungen befindlichen Werke und sonstigen Schutzgegenstände im Wege einer Ausnahme (beispielsweise bei technischer Veralterung oder Schäden an den Original-Datenträgern) dauerhaft für Erhaltungszwecke vervielfältigen dürfen. Im Rahmen einer solchen Ausnahme sollte es möglich sein, mit für die Erhaltung geeigneten Werkzeugen, Mitteln oder Techniken Kopien in der erforderlichen Anzahl und zu jedem Zeitpunkt in der Lebensdauer eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands in dem Umfang anfertigen zu dürfen, der für die Herstellung einer Kopie ausschließlich zu Erhaltungszwecken notwendig ist.

(21) Für die Zwecke dieser Richtlinie sollten Werke und sonstige Schutzgegenstände als dauerhaft in der Sammlung einer Einrichtung des Kulturerbes befindlich gelten, wenn diese Einrichtung, beispielsweise infolge einer Eigentumsübertragung oder von Lizenzvereinbarungen, Eigentümerin oder dauerhafte Besitzerin dieser Exemplare ist.

(22) Einrichtungen des Kulturerbes sollten sich auf einen klaren Rechtsrahmen für die Digitalisierung und die auch grenzübergreifende Verbreitung von vergriffenen Werken oder sonstigen vergriffenen Schutzgegenständen stützen können. Es liegt jedoch in der Natur der Sammlungen vergriffener Werke, dass es sehr schwierig sein kann, die vorherige Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber einzuholen. Dies kann am Alter der Werke oder sonstiger Schutzgegenstände, an ihrem geringen Handelswert oder an der Tatsache liegen, dass sie nie für gewerbliche Zwecke gedacht waren. Daher ist es notwendig, Maßnahmen vorzusehen, die die Lizenzierung von Rechten an vergriffenen Werken, die sich in den Sammlungen von Einrichtungen des Kulturerbes befinden, erleichtern und so den Abschluss von Vereinbarungen mit grenzübergreifender Wirkung im Binnenmarkt ermöglichen.

(23) Der mit dieser Richtlinie vorgegebene Rechtsrahmen sollte den Mitgliedstaaten einen Handlungsspielraum einräumen, entsprechend ihrer Rechtstradition, gängigen Praxis oder Gegebenheiten einen eigenen Mechanismus festzulegen, mit dem Lizenzen für vergriffene Werke auf die Rechte von Rechteinhabern ausgedehnt werden können, die nicht von Verwertungsgesellschaften vertreten werden. Solche Mechanismen können eine erweiterte kollektive Lizenzvergabe und die Vermutung in Bezug auf die Vertretung beinhalten.

(24) Für diese Lizenzvergabemechanismen ist es wichtig, über ein strenges und reibungslos funktionierendes System der kollektiven Rechteverwertung zu verfügen. Ein solches System beinhaltet gemäß der Richtlinie 2014/26/EU insbesondere Vorschriften für verantwortungsvolles Handeln, Transparenz und Berichtswesen sowie die regelmäßige, sorgfältige und genaue Weiterleitung und Auszahlung der den einzelnen Rechteinhabern zustehenden Beträge. Allen Rechteinhabern sollten weitere angemessene Schutzbestimmungen zur Verfügung stehen, mit denen sie die Anwendung solcher Mechanismen auf ihre Werke oder sonstigen Schutzgegenstände ausschließen können. Die an diese Mechanismen geknüpften Bedingungen sollten deren praktische Relevanz für Einrichtungen des Kulturerbes nicht beeinträchtigen.

(25) Angesichts der Vielfalt der Werke und sonstiger Schutzgegenstände in den Sammlungen der Einrichtungen des Kulturerbes, kommt es darauf an, dass die mit dieser Richtlinie eingeführten Lizenzvergabemechanismen auch zur Verfügung stehen und in der Praxis für unterschiedliche Arten von Werken und sonstigen Schutzgegenständen verwendet werden können, auch für Fotografien, Tonaufzeichnungen und audiovisuelle Werke. Um den Besonderheiten der verschiedenen Kategorien von Werken und sonstigen Schutzgegenständen im Hinblick auf die Art und Weise ihrer Veröffentlichung und ihrer Verbreitung Rechnung zu tragen und die Nutzung dieser Mechanismen zu vereinfachen, müssen von den Mitgliedstaaten für die praktische Anwendung dieser Lizenzvergabemechanismen möglicherweise besondere Anforderungen und Verfahren festgelegt werden. Hierbei sollten die Mitgliedstaaten die Rechteinhaber, Nutzer und Verwertungsorganisationen konsultieren.

(26) Diplomatische Gepflogenheiten gebieten es, dass die in dieser Richtlinie festgelegten Lizenzvergabemechanismen für die Digitalisierung und die Verbreitung vergriffener Werke nicht für Werke oder sonstige Schutzgegenstände gelten sollten, die zuerst in einem Drittland veröffentlicht oder, falls sie nicht veröffentlicht wurden, zuerst in einem Drittland gesendet wurden, oder im Fall von Film- oder audiovisuellen Werken, nicht für Werke gelten sollten, deren Produzent seinen Hauptgeschäftssitz oder seinen gewöhnlichen Wohnsitz in einem Drittland hat. Diese Mechanismen sollten auch nicht für Werke oder sonstige Schutzgegenstände von Drittstaatsangehörigen gelten, es sei denn, sie werden zuerst, falls sie nicht veröffentlicht wurden, auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gesendet oder, im Falle von Film- oder audiovisuellen Werken, nicht für Werke gelten, deren Produzent seinen Hauptgeschäftssitz oder seinen gewöhnlichen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat.

(27) Für die Einrichtungen des Kulturerbes können Projekte für die massenhafte Digitalisierung erhebliche Investitionen nach sich ziehen, weshalb Lizenzen, die im Rahmen der in dieser Richtlinie vorgesehenen Mechanismen erteilt wurden, nicht dazu führen sollten, dass diese Einrichtungen keine angemessenen Einnahmen erzielen können, um die Lizenzkosten sowie die Kosten für die Digitalisierung und Verbreitung der unter die Lizenz fallenden Werke und sonstigen Schutzgegenstände zu decken.

(28) Informationen über die künftige und laufende Nutzung vergriffener Werke und sonstiger Schutzgegenstände durch Einrichtungen des Kulturerbes auf der Basis der in dieser Richtlinien festgelegten Lizenzvergabemechanismen sowie über die geltenden Regelungen, die es Rechteinhabern ermöglichen, die Erteilung von Lizenzen auf ihre Werke und sonstigen Schutzgegenstände auszuschließen, sollten in angemessener Form bekannt gemacht werden. Vor allem bei grenzübergreifenden Nutzungen im Binnenmarkt ist dies besonders wichtig. Daher sollten Vorkehrungen für die Einrichtung eines zentralen und öffentlich zugänglichen Online-Portals für die Union getroffen werden, damit der Öffentlichkeit diese Informationen in einer angemessenen Frist bekannt gegeben werden, bevor die grenzübergreifende Nutzung erfolgt. Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 386/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates 33 ist das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum mit bestimmten Aufgaben und Aktivitäten betraut, die es aus eigenen Haushaltsmitteln finanziert, mit dem Ziel, die Aktivitäten nationaler Behörden, des privaten Sektors und der Organe der Union bei der Verhütung und bei der Bekämpfung der Verletzung der Rechte am geistigen Eigentum zu fördern und zu unterstützen. Daher sollte dieses Amt mit der Einrichtung und der Verwaltung des europäischen Portals betraut werden, auf dem diese Informationen bekannt gegeben werden.

(29) Bei der Verbreitung europäischer Werke in der Europäischen Union werden Abrufdienste voraussichtlich eine entscheidende Rolle spielen. Vereinbarungen zur Online-Verwertung solcher Werke können jedoch im Hinblick auf die Lizenzierung von Rechten auf Probleme stoßen. Solche Probleme stellen sich beispielsweise dann, wenn der Rechteinhaber kein Interesse daran hat, sein Werk in einem bestimmten Gebiet online verwerten zu lassen, oder wenn es um die Zeitfenster für die Verwertung geht.

(30) Damit die Lizenzen für Rechte an audiovisuellen Werken leichter an Plattformen für den Videoabruf vergeben werden können, werden die Mitgliedstaaten mit dieser Richtlinie verpflichtet, einen Verhandlungsmechanismus einzurichten, der es allen Parteien, die eine Vereinbarung abschließen möchten, ermöglicht, auf die Hilfe einer unabhängigen Instanz zurückzugreifen. Diese Instanz sollte Sitzungen mit den Parteien abhalten und die Verhandlung durch professionelle und externe Beratung unterstützen. Vor diesem Hintergrund sollten die Mitgliedstaaten entscheiden, welche Bedingungen sie für den Verhandlungsmechanismus festlegen, beispielsweise welche Fristen gelten, wie lange die Verhandlungen unterstützt werden und wer die Kosten trägt. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass der Verwaltungsaufwand und die finanziellen Lasten verhältnismäßig bleiben, damit die Effizienz des Verhandlungsmechanismus gewährleistet ist.

(31) Für Qualitätsjournalismus und den Zugang zu Informationen für die Bürger ist eine freie und pluralistische Presse unabdingbar. Sie leistet einen grundlegenden Beitrag zur öffentlichen Debatte und das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft. Der Übergang von den Druckmedien zu den digitalen Medien stellt Presseverlage vor das Problem der Vergabe von Lizenzen für die Online-Nutzung ihrer Veröffentlichungen und der Amortisierung ihrer Investitionen. Sofern Verlage als Rechteinhaber von Presseveröffentlichungen nicht anerkannt werden, gestaltet sich die Lizenzvergabe und Durchsetzung ihrer Rechte im digitalen Umfeld häufig als komplex und ineffizient.

(32) Um die Tragfähigkeit des Verlagswesens zu erhalten, gilt es, den organisatorischen und finanziellen Beitrag, den Verlage bei der Produktion von Presseveröffentlichungen leisten, anzuerkennen und die Verlage weiterhin hierzu zu ermutigen. Daher wird auf Unionsebene ein harmonisierter Rechtsschutz für Presseveröffentlichungen im Hinblick auf ihre digitalen Nutzungen benötigt. Ein solcher Rechtsschutz sollte wirksam gewährleistet werden, indem im Unionsrecht die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung von Presseveröffentlichungen im Hinblick auf deren digitale Nutzungen urheberrechtlich geschützt werden.

(33) Für die Zwecke dieser Richtlinie ist es notwendig, den Begriff der Presseveröffentlichung so zu definieren, dass er nur journalistische Veröffentlichungen umfasst, die, unabhängig vom Medium, von einem Diensteanbieter für die Zwecke der Information oder Unterhaltung veröffentlicht und in bestimmten Zeitabständen oder regelmäßig aktualisiert werden. Solche Veröffentlichungen umfassen beispielsweise Tageszeitungen oder wöchentlich oder monatlich erscheinende Magazine von allgemeinem oder besonderem Interesse sowie Nachrichtenwebsites. Periodika wie beispielsweise Wissenschaftsjournale, die für wissenschaftliche oder akademische Zwecke verlegt werden, sollten nicht unter den auf der Grundlage dieser Richtlinie gewährten Schutz für Presseveröffentlichungen fallen. Dieser Schutz erstreckt sich nicht auf das Verknüpfen mit Hyperlinks, da dies keine öffentliche Wiedergabe darstellt.

(34) Die Rechte, die Presseverlagen auf der Grundlage dieser Richtlinie gewährt werden, sollten den gleichen Umfang haben wie die in der Richtlinie 2001/29/EG festgelegten Rechte auf Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung, sofern es sich um digitale Nutzungen handelt. Sie sollten zudem denselben Bestimmungen für Ausnahmen und Beschränkungen unterliegen, die auch für die in der Richtlinie 2001/29/EG festgelegten Rechte gelten, einschließlich der Ausnahme für Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen gemäß Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe d jener Richtlinie.

(35) Der Schutz, der Presseverlagen auf der Grundlage dieser Richtlinie gewährt wird, sollte die Rechte der Urheber oder sonstiger Inhaber von Rechten an den in Presseveröffentlichungen enthaltenen Werken und sonstigen Schutzgegenständen nicht beeinträchtigen, auch nicht im Hinblick auf den Umfang, in dem Urheber und sonstige Rechteinhaber ihre Werke oder sonstigen Schutzgegenstände unabhängig von der Presseveröffentlichung, in der sie enthalten sind, verwerten können. Daher sollten sich Presseverlage gegenüber Urhebern und sonstigen Rechteinhabern nicht auf den ihnen gewährten Schutz berufen können. Dies gilt unbeschadet der vertraglichen Vereinbarungen, die zwischen den Presseverlagen und den Rechteinhabern geschlossen wurden.

(36) Verlage, einschließlich solcher, die Presseveröffentlichungen, Bücher oder wissenschaftliche Veröffentlichungen verlegen, arbeiten häufig auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen oder gesetzlicher Bestimmungen über die Übertragung von Urheberrechten. Dies stellt eine Investition der Verlage im Hinblick auf die Verwertung der in ihren Veröffentlichungen enthaltenen Werke dar, so dass ihnen unter Umständen Einnahmen entgehen, wenn diese Werke im Rahmen von Ausnahmen oder Beschränkungen, etwa für die Vervielfältigung zu privaten Zwecken und die Reprografie, genutzt werden. In einigen Mitgliedstaaten wird der für diese Ausnahmen gewährte Ausgleich auf die Urheber und Verlage aufgeteilt. Um dieser Situation Rechnung zu tragen und um die Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu erhöhen, sollten die Mitgliedstaaten festlegen können, dass für den Fall, dass ein Urheber seine Rechte an einen Verlag übertragen, diesem eine Lizenz erteilt oder anderweitig mit seinen Werken zu einer Veröffentlichung beigetragen hat, und soweit Systeme bestehen, um den durch eine Ausnahme oder Beschränkung entstandenen Schaden auszugleichen, Verlage das Recht erhalten, einen Anteil an dieser Ausgleichsleistung zu fordern, wobei dem Verlag kein größerer Aufwand für die Begründung seiner Ansprüche entstehen darf als nach dem geltenden System.

(37) In den letzten Jahren wurde der Markt für Online-Inhalte immer komplexer. Online-Dienste, die Zugang zu urheberrechtlich geschützten Inhalten bieten, die von ihren Nutzern ohne Einbeziehung der Rechteinhaber hochgeladen wurden, haben sich ausgeweitet und wurden zur Hauptquelle für den Zugriff auf Online-Inhalte. Dies schränkt die Rechteinhaber in ihren Möglichkeiten ein, festzustellen, ob und unter welchen Umständen ihr Werk oder sonstiger Schutzgegenstand verwendet wird, und eine angemessene Vergütung zu erhalten.

(38) Speichern Diensteanbieter der Informationsgesellschaft urheberrechtlich geschützte Werke oder sonstige Schutzgegenstände, die von ihren Nutzern hochgeladen wurden, oder machen sie diese öffentlich zugänglich und gehen damit über die bloße Bereitstellung der physischen Einrichtungen hinaus und führen sie damit eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe durch, sind sie zum Abschluss von Lizenzvereinbarungen mit den Rechteinhabern verpflichtet, sofern sie nicht unter den Haftungsausschluss nach Artikel 14 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates fallen.

Nach Artikel 14 ist zu überprüfen, ob sich der Diensteanbieter aktiv daran beteiligt, beispielsweise die Präsentation der hochgeladenen Werke oder Schutzgegenstände zu optimieren oder sie bekannt zu machen, unabhängig davon, mit welchen Mitteln dies geschieht.

Damit eine Lizenzvereinbarung auch funktioniert, sollten Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen, urheberrechtlich geschützten Werke oder sonstigen Schutzgegenstände speichern oder der Öffentlichkeit zugänglich machen, geeignete und angemessene Maßnahmen ergreifen, um beispielsweise durch den Einsatz wirksamer Techniken den Schutz der Werke oder sonstiger Schutzgegenstände zu gewährleisten. Diese Verpflichtung besteht auch, wenn die Diensteanbieter der Informationsgesellschaft unter den Haftungsausschluss nach Artikel 14 der Richtlinie 2000/31/EG fallen.

Damit Techniken, wie beispielsweise solche zur Erkennung von Inhalten, auch funktionieren, ist es unerlässlich, dass Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen, urheberrechtlich geschützten Werke oder sonstigen Schutzgegenstände speichern oder der Öffentlichkeit zugänglich machen, mit den Rechteinhabern zusammenarbeiten. In solchen Fällen sollten die Rechteinhaber die notwendigen Daten zur Verfügung stellen, damit die Dienste deren Inhalt erkennen können, und die Dienste sollten gegenüber den Rechteinhabern Transparenz hinsichtlich der eingesetzten Techniken walten lassen, damit deren Angemessenheit bewertet werden kann. So sollten die Dienste den Rechteinhabern insbesondere mitteilen, um welche Technik es sich handelt, wie sie funktioniert und wie hoch die Erfolgsquote bei der Erkennung von Inhalten der Rechteinhaber ist. Diese Techniken sollten es zudem den Rechteinhabern ermöglichen, von den Diensteanbietern der Informationsgesellschaft Auskünfte darüber zu erhalten, wie ihr unter eine Vereinbarung fallender Inhalt verwendet wird.

(40) Bestimmte Rechteinhaber, wie Urheber und ausübende Künstler, benötigen Informationen, um den wirtschaftlichen Wert ihrer nach Unionsrecht harmonisierten Rechte bewerten zu können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Rechteinhabern die Lizenzvergabe oder Rechteübertragung vergütet wird. Da Urheber und ausübende Künstler in der Regel eine schwächere Verhandlungsposition bei der Lizenzvergabe oder der Übertragung ihrer Rechte haben, benötigen sie Informationen, um fortlaufend bewerten zu können, wie sich der wirtschaftliche Wert ihrer Rechte im Vergleich zu ihrer Vergütung für die Lizenzvergabe oder die Rechteübertragung entwickelt, doch hier fehlt es häufig an Transparenz. Daher ist es wichtig für die Transparenz und Ausgewogenheit des Systems, das die Vergütung von Urhebern und ausübenden Künstlern regelt, dass zwischen den Vertragsparteien oder deren Rechtsnachfolgern geeignete Informationen ausgetauscht werden.

(41) Bei der Umsetzung der Transparenzpflicht sollten die Besonderheiten der Inhalte unterschiedlicher Sektoren und der Rechte der Urheber und ausübenden Künstler in den einzelnen Sektoren berücksichtigt werden. Die Mitgliedstaaten sollten alle einschlägigen Interessenträger konsultieren, um sich bei der Festlegung der sektorspezifischen Anforderungen unterstützen zu lassen. Die kollektive Aushandlung von Rechten sollten als eine transparente Möglichkeit gesehen werden, zwischen den jeweiligen Interessenträgern eine Einigung zu erzielen. Für die Anpassung der geltenden Praxis in der Berichterstattung an die Transparenzpflichten sollte eine Übergangsfrist vorgesehen werden. Auf Vereinbarungen mit Verwertungsgesellschaften müssen die Transparenzpflichten nicht angewandt werden, da diese bereits den Transparenzpflichten nach der Richtlinie 2014/26/EU unterliegen.

(42) Bestimmte Verträge über die Verwertung von unionsweit harmonisierten Rechten haben eine lange Laufzeit und bieten den Urhebern und ausübenden Künstlern nur wenig Spielraum, diese mit ihren Vertragspartnern oder Rechtsnachfolgern neu zu verhandeln. Unbeschadet des in den Mitgliedstaaten geltenden Vertragsrechts und auch im Lichte der mit dieser Richtlinie festgelegten Transparenzpflicht sollte es daher einen Mechanismus für die Anpassung der Vergütung für die Fälle geben, in denen die ursprünglich im Rahmen einer Lizenzvergabe oder Rechteübertragung vereinbarte Vergütung, gemessen an den einschlägigen Einnahmen und Gewinnen aus einem Werk oder der Aufzeichnung der Darbietung, unverhältnismäßig niedrig ist. Bei der Bewertung der Sachlage sollten die besonderen Umstände jedes Falls sowie die Besonderheiten und die gängige Praxis der einzelnen Inhaltesektoren berücksichtigt werden. Können sich die Parteien nicht auf eine Anpassung der Vergütung einigen, sollte der Urheber oder der ausübende Künstler das Recht haben, seinen Anspruch vor Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde geltend zu machen.

(43) Urheber und ausübende Künstler scheuen häufig davor zurück, ihre Rechte gegenüber ihren Vertragspartnern vor einem Gericht einzuklagen. Die Mitgliedstaaten sollten daher ein alternatives Streitbeilegungsverfahren vorsehen, das sich mit den Forderungen im Zusammenhang mit den Transparenzpflichten und dem Vertragsanpassungsmechanismus befasst.

(44) Da das Ziel dieser Richtlinie, den Urheberrechtsrahmen der Union zu modernisieren, indem bestimmten Aspekten der technischen Entwicklung sowie den neuen Wegen für die Verbreitung geschützter Inhalte im Binnenmarkt Rechnung getragen wird, von den Mitgliedstaaten allein nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(45) Die Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Diese Richtlinie sollte folglich in Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen ausgelegt und angewandt werden.

(46) Die Verarbeitung personenbezogener Daten nach dieser Richtlinie sollte unter Achtung der Grundrechte, unter anderem des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens und des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten nach den Artikeln 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, erfolgen und muss mit der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Einklang stehen.

(47) Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten sollen die Mitgliedstaaten in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt –

 

 

haben folgende Richtlinie erlassen:

Titel I
Allgemeine Bestimmungen

Art. 1
Gegenstand und Anwendungsbereich

1. Mit dieser Richtlinie werden Vorschriften für die weitere Harmonisierung des Unionsrechts auf dem Gebiet der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte im Rahmen des Binnenmarkts unter besonderer Berücksichtigung der digitalen und grenzübergreifenden Nutzungen geschützter Inhalte festgelegt. Außerdem enthält sie Vorschriften zu Ausnahmen und Beschränkungen und zur Erleichterung der Lizenzierung sowie Vorschriften, mit denen das Ziel verfolgt, wird, einen gut funktionierenden Markt für die Verwertung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen zu gewährleisten.

2. Mit Ausnahme der in Artikel 6 genannten Fälle lässt diese Richtlinie die bereits bestehenden Vorschriften unberührt, die in den einschlägigen geltenden Richtlinien, insbesondere in den Richtlinien 96/9/EG, 2001/29/EG, 2006/115/EG, 2009/24/EG, 2012/28/EU und 2014/26/EU festgelegt sind.

 

Art. 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

(1)„Forschungsorganisation“: eine Hochschule, ein Forschungsinstitut oder eine sonstige Organisation, deren vorrangiges Ziel die wissenschaftliche Forschung oder die Forschung in Verbindung mit Lehre ist, und die

(a) in ihrer Tätigkeit nicht gewinnorientiert ist oder alle Gewinne in ihre wissenschaftliche Forschung reinvestiert oder 

(b) im Rahmen eines staatlich anerkannten Auftrags im öffentlichen Interesse tätig ist, wobei kein Unternehmen, das einen bestimmenden Einfluss auf diese Organisation hat, einen bevorzugten Zugang zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung erhält;

(2) „Text- und Data-Mining“: eine Technik für die automatisierte Auswertung von Texten und Daten in digitaler Form, mit deren Hilfe beispielsweise Erkenntnisse über Muster, Trends und Korrelationen gewonnen werden können;

(3) „Einrichtungen des Kulturerbes“: öffentlich zugängliche Bibliotheken oder Museen, Archive oder Einrichtungen des Film- oder Tonerbes;

(4) „Presseveröffentlichung“: Aufzeichnung einer Sammlung literarischer Werke journalistischer Art, die auch sonstige Werke oder Schutzgegenstände beinhalten kann und innerhalb einer unter einem einheitlichen Titel periodisch oder regelmäßig erscheinenden Veröffentlichung, wie Zeitungen oder Magazine von allgemeinem oder besonderem Interesse, eine Einzelausgabe darstellt und dem Zweck dient, über Nachrichten oder andere Themen zu informieren, und die, unabhängig vom Medium, auf Initiative sowie unter der redaktionellen Verantwortung und der Aufsicht eines Diensteanbieters veröffentlicht wird.

 

Titel II
Maßnahmen zur Anpassung von Ausnahmen und Beschränkungen an das digitale und grenzüberschreitende Umfeld

Art. 3
Text- und Data-Mining

1. Die Mitgliedstaaten sehen eine Ausnahme von den in Artikel 2 der Richtlinie 2001/29/EG und in Artikel 5 Buchstabe a und Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 96/9/EG sowie in Artikel 11 Absatz 1 dieser Richtlinie festgelegten Rechten für Vervielfältigungen und Entnahmen vor, die durch Forschungsorganisationen von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen, zu denen sie für die Zwecke der wissenschaftlichen Forschung rechtmäßig Zugang haben, für das Text- und Data-Mining vorgenommen wurden.

2. Jede Vertragsbestimmung, die der in Absatz 1 festgelegten Ausnahme zuwiderläuft, ist unwirksam.

3. Rechteinhaber müssen Maßnahmen anwenden können, um die Sicherheit und Integrität der Netze und Datenbanken zu gewährleisten, in denen die Werke oder sonstigen Schutzgegenstände gespeichert sind. Diese Maßnahmen dürfen über das für die Erreichung dieses Ziels Notwendige nicht hinausgehen.

4. Die Mitgliedstaaten wirken darauf hin, dass sich Rechteinhaber und Forschungsorganisationen gemeinsam auf Verfahren einigen, die sich für die Anwendung der in Absatz 3 genannten Maßnahmen bewährt haben.

 

Art. 4
Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen für digitale und grenzübergreifende Lehrtätigkeiten

1. Die Mitgliedstaaten sehen eine Ausnahme oder Beschränkung von den in den Artikeln 2 und 3 der Richtlinie 2001/29/EG, in Artikel 5 Buchstabe a und Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 96/9/EG, in Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG sowie in Artikel 11 Absatz 1 dieser Richtlinie festgelegten Rechten vor, damit Werke und sonstige Schutzgegenstände für den alleinigen Zweck der Veranschaulichung im Unterricht digital und in dem Maße genutzt werden dürfen, wie dies durch diesen nichtgewerblichen Zweck gerechtfertigt ist, sofern diese Nutzung

(a) in den Räumlichkeiten einer Bildungseinrichtung ober über ein gesichertes elektronisches Netz stattfindet, zu denen bzw. zu dem nur die Schülerinnen oder Schüler, die Studierenden und das Personal der Bildungseinrichtung Zugang haben;

(b) mit Quellenangaben erfolgt, indem u. a. der Name des Urhebers angegeben wird, sofern sich dies nicht als unmöglich erweist.

2. Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass die Ausnahme nach Absatz 1 nicht allgemein gilt oder nur für bestimmte Arten von Werken oder sonstige Schutzgegenstände, sofern auf dem Markt angemessene Lizenzen für die Genehmigung der in Absatz 1 genannten Handlungen leicht verfügbar sind.

Mitgliedstaaten, die von der in Unterabsatz 1 genannten Möglichkeit Gebrauch machen, müssen die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit eine angemessene Verfügbarkeit und Sichtbarkeit der Lizenzen gewährleistet ist, mit denen die in Absatz 1 genannten Handlungen der Bildungseinrichtungen genehmigt werden.

3. Die Nutzung von Werken und sonstigen Schutzgegenständen über gesicherte elektronische Netze für den alleinigen Zweck der Veranschaulichung im Unterricht im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht, das auf der Grundlage dieses Artikels erlassen wurde, gilt allein als in dem Mitgliedstaat erfolgt, in dem die Bildungseinrichtung ihren Sitz hat.

4. Die Mitgliedstaaten können für den Schaden, der den Rechteinhabern aufgrund der Nutzung ihrer Werke oder sonstigen Schutzgegenstände nach Absatz 1 entsteht, einen fairen Ausgleich vorsehen.

 

Art. 5
Erhalt des Kulturerbes

Die Mitgliedstaaten sehen eine Ausnahme von den in Artikel 2 der Richtlinie 2001/29/EG, in Artikel 5 Buchstabe a und Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 96/9/EG, in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/24/EG sowie in Artikel 11 Absatz 1 dieser Richtlinie festgelegten Rechten vor, die es Einrichtungen des Kulturerbes gestattet, Werke und sonstige Schutzgegenstände, die sich dauerhaft in ihren Sammlungen befinden, unabhängig vom Format oder Medium für den alleinigen Zweck des Erhalts dieser Werke oder sonstiger Gegenstände in dem für diesen Erhalt notwendigen Umfang zu vervielfältigen.

Art. 6
Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 5 Absatz 5 und Artikel 6 Absatz 4 Unterabsätze 1, 3 und 5 der Richtlinie 2001/29/EG finden auf die unter diesem Titel genannten Ausnahmen und Beschränkungen Anwendung.

 

Titel III
Maßnahmen zur Verbesserung der Lizenzierungspraxis und zur Gewährleistung eines breiteren Zugangs zu Inhalten

Kapitel 1
Vergriffene Werke

Art. 7
Nutzung von vergriffenen Werken durch Einrichtungen des Kulturerbes

1. Die Mitgliedstaaten legen durch Bestimmungen fest, dass wenn eine Verwertungsgesellschaft im Namen ihrer Mitglieder mit einer Einrichtung des Kulturerbes eine nichtausschließliche Lizenzvereinbarung für nichtgewerbliche Zwecke abschließt, die sich auf die Digitalisierung, die Verbreitung, die öffentliche Wiedergabe oder die Zugänglichmachung vergriffener Werke oder sonstiger Schutzgegenstände erstreckt, die sich dauerhaft in der Sammlung dieser Einrichtung befinden, diese nichtausschließliche Lizenz auch auf Rechteinhaber, die von der Verwertungsgesellschaft nicht vertreten werden und derselben Kategorie wie die unter die Lizenzvereinbarung fallenden Rechteinhaber angehören, ausgedehnt werden kann oder von deren Zugehörigkeit zu dieser Kategorie ausgegangen werden kann, sofern

(a) die Verwertungsgesellschaft aufgrund der ihr von den Rechteinhabern erteilten Mandate weitgehend repräsentativ für die Rechteinhaber in der Kategorie von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen sowie für die Rechte ist, die Gegenstand der Lizenz sind;

(b) die Gleichbehandlung aller Rechteinhaber in Bezug auf die Lizenz gewährleistet wird;

(c) alle Rechteinhaber zu jedem Zeitpunkt der Einstufung ihrer Werke oder sonstigen Schutzgegenstände als vergriffene Werke widersprechen und die Anwendung der Lizenz auf ihre Werke oder sonstigen Schutzgegenstände ausschließen können.

2. Ein Werk oder sonstiger Schutzgegenstand gilt als vergriffen, wenn das gesamte Werk oder der gesamte sonstige Schutzgegenstand in all seinen Übersetzungen, Fassungen und Erscheinungsformen auf den üblichen Vertriebswegen für die Öffentlichkeit nicht erhältlich ist und nach menschlichem Ermessen nicht davon ausgegangen werden kann, dass er in Zukunft erhältlich sein wird. 

Die Mitgliedstaaten sorgen in Rücksprache mit den Rechteinhabern, den Verwertungsgesellschaften und den Einrichtungen des Kulturerbes dafür, dass die Anforderungen für die Erteilung einer Lizenz nach Absatz 1 für ein Werk oder einen sonstigen Schutzgegenstand nicht über das Notwendige und Vertretbare hinausgehen und nicht die Möglichkeit ausschließen, eine Sammlung insgesamt als vergriffen einzustufen, wenn nach menschlichem Ermessen davon auszugehen ist, dass alle Werke oder sonstigen Schutzgegenstände in der Sammlung vergriffen sind.

3. Die Mitgliedstaaten sehen geeignete Maßnahmen vor, um Folgendes bekannt zu machen:

(a) die Einstufung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen als vergriffen,

(b) die Lizenz und vor allem ihre Anwendung auf nicht vertretene Rechteinhaber,

(c) die in Absatz 1 Buchstabe c genannten Widerspruchsmöglichkeiten der Rechteinhaber,

wobei eine angemessene Zeitspanne vorzusehen ist, bevor die Werke oder sonstigen Schutzgegenstände digitalisiert, vertrieben, öffentlich wiedergegeben oder zugänglich gemacht werden.

4. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die in Absatz 1 genannten Lizenzen von einer Verwertungsgesellschaft vergeben werden, die für den Mitgliedstaat repräsentativ ist, in dem

(a) die Werke oder Tonträger zuerst veröffentlicht wurden oder, sofern sie nicht veröffentlicht wurden, in dem sie zuerst gesendet wurden, mit Ausnahme von Film- und audiovisuellen Werken;

(b) im Falle von Film- und audiovisuellen Werken die Produzenten der Werke ihren Hauptsitz oder ihren gewöhnlichen Wohnsitz haben oder

(c) die Einrichtung des Kulturerbes ihren Sitz hat, sofern sich gemäß den Buchstaben a und b und nach vertretbarem Aufwand kein Mitgliedstaat oder Drittland festlegen lässt.

5. Die Absätze 1, 2 und 3 finden nicht auf Werke oder sonstige Schutzgegenstände von Drittstaatsangehörigen Anwendungen, es sei denn, Absatz 4 Buchstaben a und b finden Anwendung.

 

Art. 8
Grenzübergreifende Nutzungen

1. Werke oder sonstige Schutzgegenstände, die unter eine Lizenz nach Artikel 7 fallen, können von der Einrichtung des Kulturerbes gemäß den Lizenzbedingungen in allen Mitgliedstaaten genutzt werden.

2. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Informationen, anhand derer die unter eine Lizenz nach Artikel 7 fallenden Werke oder sonstigen Schutzgegenstände identifiziert werden können, sowie die Informationen, mit denen Rechteinhaber über ihr Widerspruchsrecht nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c unterrichtet werden, mindestens sechs Monate, bevor die Werke oder sonstigen Schutzgegenstände in anderen Mitgliedstaaten als dem der Lizenzerteilung digitalisiert, vertrieben, öffentlich wiedergegeben oder zugänglich gemacht werden, und über die gesamte Lizenzlaufzeit hinweg über ein zentrales Online-Portal öffentlich zugänglich gemacht werden.

3. Das in Absatz 2 genannte Portal wird vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum entsprechend der Verordnung (EU) Nr. 386/2012 eingerichtet und verwaltet.

 

Art. 9
Dialog der Interessenträger

Die Mitgliedstaaten gewährleisten einen regelmäßigen Dialog zwischen den Interessenvertretungen der Nutzer und Rechteinhaber sowie anderen interessierten Kreisen, um in Bezug auf die einzelnen Sektoren die Bedeutung und Nutzung des in Artikel 7 Absatz 1 genannten Lizenzmechanismus zu stärken, die Wirkung der in diesem Kapitel genannten Schutzbestimmungen für die Rechteinhaber, insbesondere der Informationsmaßnahmen, sicherzustellen, und gegebenenfalls die Festlegung der in Artikel 7 Absatz 2 Unterabsatz 2 genannten Anforderungen zu unterstützen.

Kapitel 2
Zugänglichkeit und Verfügbarkeit audiovisueller Werke auf Plattformen für den Videoabruf

 

Art. 10
Verhandlungsmechanismus

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Parteien, die den Abschluss einer Vereinbarung für die Zwecke der Zugänglichmachung audiovisueller Werke auf Plattformen für den Videoabruf beabsichtigen und Probleme mit der Lizenzierung von Rechten haben, sich an eine unabhängige Instanz wenden können, die über einschlägige Erfahrungen verfügt. Diese Instanz leistet Unterstützung bei Verhandlungen und bei der Erzielung von Vereinbarungen.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission spätestens bis zum [Datum siehe Artikel 21 Absatz 1] den Namen dieser Instanz mit.

Titel IV
Schaffung eines funktionsfähigen Marktes für den Urheberrechtsschutz

Kapitel 1
Rechte an Veröffentlichungen

Art. 11
Schutz von Presseveröffentlichungen im Hinblick auf digitale Nutzungen

1.Die Mitgliedstaaten legen Bestimmungen fest, mit denen Presseverlage die in Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2001/29/EG genannten Rechte für die digitale Nutzung ihrer Presseveröffentlichung erhalten.

2.Von den in Absatz 1 genannten Rechten bleiben die im Unionsrecht festgelegten Rechte von Urhebern und sonstigen Rechteinhabern an den in einer Presseveröffentlichung enthaltenen Werken und sonstigen Schutzgegenständen unberührt. Diese Rechte können nicht gegen diese Urheber und sonstigen Rechteinhaber geltend gemacht werden und können ihnen insbesondere nicht das Recht nehmen, ihre Werke und sonstigen Schutzgegenstände unabhängig von der Presseveröffentlichung zu verwenden, in der sie enthalten sind.

3.Die Artikel 5 bis 8 der Richtlinie 2001/29/EG und die Richtlinie 2012/28/EU finden sinngemäß auf die in Absatz 1 genannten Rechte Anwendung.

4.Die in Absatz 1 genannten Rechte erlöschen 20 Jahre nach der Veröffentlichung der Presseveröffentlichung. Die Berechnung dieser Zeitspanne erfolgt ab dem 1. Januar des auf den Tag der Veröffentlichung folgenden Jahres.

Art. 12
Ausgleichsansprüche

Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass für den Fall, dass ein Urheber einem Verleger ein Recht übertragen oder diesem eine Lizenz erteilt hat, diese Übertragung oder Lizenzierung eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Verleger darstellt, einen Anteil am Ausgleich für die Nutzungen des Werkes zu beanspruchen, die im Rahmen einer Ausnahme oder Beschränkung in Bezug auf das übertragene oder lizenzierte Recht erfolgt sind.

Kapitel 2
Bestimmte Nutzungen geschützter Inhalte durch Online-Dienste

Art. 13
Nutzung geschützter Inhalte durch Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände speichern oder zugänglich machen

1. Diensteanbieter der Informationsgesellschaft, die große Mengen der von ihren Nutzern hochgeladenen Werke und sonstigen Schutzgegenstände in Absprache mit den Rechteinhabern speichern oder öffentlich zugänglich machen, ergreifen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die mit den Rechteinhabern geschlossenen Vereinbarungen, die die Nutzung ihrer Werke oder sonstigen Schutzgegenstände regeln, oder die die Zugänglichkeit der von den Rechteinhabern genannten Werke oder Schutzgegenstände über ihre Dienste untersagen, eingehalten werden. Diese Maßnahmen wie beispielsweise wirksame Inhaltserkennungstechniken müssen geeignet und angemessen sein. Die Diensteanbieter müssen gegenüber den Rechteinhabern in angemessener Weise darlegen, wie die Maßnahmen funktionieren und eingesetzt werden und ihnen gegebenenfalls über die Erkennung und Nutzung ihrer Werke und sonstigen Schutzgegenstände Bericht erstatten.

2. Die Mitgliedstaaten müssen gewährleisten, dass die in Absatz 1 genannten Diensteanbieter den Nutzern für den Fall von Streitigkeiten über die Anwendung der in Absatz 1 genannten Maßnahmen Beschwerdemechanismen und Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung stellen.

3. Die Mitgliedstaaten erleichtern gegebenenfalls die Zusammenarbeit zwischen den Diensteanbietern der Informationsgesellschaft und den Rechteinhabern durch Dialoge zwischen den Interessenträgern, damit festgelegt werden kann, welche Verfahren sich beispielsweise unter Berücksichtigung der Art der Dienste, der verfügbaren Technik und deren Wirksamkeit vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklungen als geeignete und angemessene Inhalteerkennungstechniken bewährt haben.

Kapitel 3
Faire Verträge mit den Urhebern und ausübenden Künstlern über die Vergütung

Art. 14
Transparenzpflicht

1. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Urheber und ausübenden Künstler regelmäßig und unter Berücksichtigung der sektorspezifischen Besonderheiten, zeitnahe, angemessene und hinreichende Informationen über die Verwertung ihrer Werke und Darbietungen vor allem im Hinblick auf die Art der Verwertung, die erzielten Einnahmen und die fällige Vergütung von denjenigen erhalten, denen sie Lizenzrechte erteilt oder an die sie Rechte übertragen haben.

2. Die in Absatz 1 genannte Pflicht muss angemessen und wirksam sein und ein angemessenes Maß an Transparenz in jedem Sektor gewährleisten. Ist jedoch der Verwaltungsaufwand aufgrund dieser Pflicht im Verhältnis zu den durch die Verwertung des Werks oder der Darbietung erzielten Einnahmen unverhältnismäßig hoch, können die Mitgliedstaaten die in Absatz 1 genannte Pflicht anpassen, sofern diese wirksam bleibt und ein angemessenes Maß an Transparenz gewährleistet ist.

3. Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass die in Absatz 1 genannte Pflicht keine Anwendung findet, wenn der Beitrag des Urhebers oder ausübenden Künstlers vor dem Hintergrund des Gesamtwerks oder der Gesamtdarbietung nicht erheblich ist.

4. Absatz 1 findet keine Anwendung auf Rechtspersonen, die den in der Richtlinie 2014/26/EU genannten Transparenzpflichten unterliegen.

 

Art. 15
Vertragsanpassungsmechanismus

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Urheber und ausübende Künstler das Recht haben, eine zusätzliche und angemessene Vergütung von der Partei zu verlangen, mit der sie einen Vertrag über die Verwertung ihrer Rechte geschlossen haben, wenn die ursprünglich vereinbarte Vergütung im Vergleich zu den späteren einschlägigen Einnahmen und Gewinnen aus der Verwertung der Werke oder Darbietungen unverhältnismäßig niedrig ist.

Art. 16
Streitbeilegung

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Streitigkeiten über die Transparenzpflicht nach Artikel 14 und den Vertragsanpassungsmechanismus nach Artikel 15 im Wege eines freiwilligen und alternativen Verfahrens beigelegt werden können.

 

Titel V
Schlussbestimmungen

Art. 17
Änderung anderer Richtlinien

1. Die Richtlinie 96/9/EG wird wie folgt geändert:

(a) Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b erhält folgende Fassung:

„b) für die Nutzung ausschließlich zur Veranschaulichung im Unterricht oder zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung – stets mit Quellenangabe –, sofern dies zur Verfolgung nichtkommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist und unbeschadet der in der Richtlinie [dieser Richtlinie] festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen;“

(b) Artikel 9 Buchstabe b erhält folgende Fassung:

„b) für eine Entnahme zur Veranschaulichung im Unterricht oder zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung, sofern er die Quelle angibt und soweit dies durch den nichtkommerziellen Zweck gerechtfertigt ist und unbeschadet der in der Richtlinie [dieser Richtlinie] festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen;“

2. Die Richtlinie 2001/29/EG wird wie folgt geändert:

(a) In Artikel 5 Absatz 2 erhält Buchstabe c folgende Fassung:

„c) in Bezug auf bestimmte Vervielfältigungshandlungen von öffentlich zugänglichen Bibliotheken, Bildungseinrichtungen oder Museen oder von Archiven, die keinen unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Zweck verfolgen, und unbeschadet der in der Richtlinie [dieser Richtlinie] festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen;“

(b) In Artikel 5 Absatz 3 erhält Buchstabe a folgende Fassung:

„a) für die Nutzung ausschließlich zur Veranschaulichung im Unterricht oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung, sofern – außer in Fällen, in denen sich dies als unmöglich erweist – die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers, wann immer dies möglich ist, angegeben wird und soweit dies zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist, und unbeschadet der in der Richtlinie [dieser Richtlinie] festgelegten Ausnahmen und Beschränkungen;“

(c) In Artikel 12 Absatz 4 werden folgende Buchstaben angefügt:

„e) Prüfung der Auswirkungen der Richtlinie [dieser Richtlinie] auf den Binnenmarkt und Benennung etwaiger Schwierigkeiten bei der Umsetzung;

f) Erleichterung des Informationsaustauschs über einschlägige Entwicklungen in der Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie über die praktische Anwendung der von den Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Richtlinie [dieser Richtlinie] ergriffenen Maßnahmen;

g) Behandlung von Fragen aus der Anwendung der Richtlinie [dieser Richtlinie].“

Art. 18
Zeitliche Anwendung

1. Diese Richtlinie findet auf alle Werke und sonstigen Schutzgegenstände ab dem [Datum in Artikel 21 Absatz 1] oder danach Anwendung, die durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Urheberrechts geschützt sind.

2. Die Bestimmungen von Artikel 11 gelten auch für vor dem [Datum in Artikel 21 Absatz 1] veröffentlichte Presseveröffentlichungen.

3. Diese Richtlinie gilt unbeschadet der Rechtsakte und Rechte, die vor dem [Datum in Artikel 21 Absatz 1] erlassen bzw. erworben wurden.

Art. 19
Übergangsbestimmungen

Vereinbarungen über die Lizenzvergabe oder die Übertragung von Rechten von Urhebern und ausübenden Künstlern unterliegen der Transparenzpflicht nach Artikel 14 ab dem [ein Jahr nach dem Datum in Artikel 21 Absatz 1].

Art. 20
Schutz personenbezogener Daten

Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit dieser Richtlinie muss im Einklang mit den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG erfolgen.

Art. 21
Umsetzung

1. Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens am [12 Monate nach Inkrafttreten] nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die vorliegende Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Art. 22
Überprüfung

1. Frühestens [fünf Jahre nach dem Datum in Artikel 21 Absatz 1] führt die Kommission eine Bewertung dieser Richtlinie durch und legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss die wichtigsten Ergebnisse der Bewertung dieser Richtlinie vor.

2. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle erforderlichen Angaben zur Ausarbeitung des in Absatz 1 genannten Bewertungsberichts.

Art. 23
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Art. 24
Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.