EuGH: Kein Urheberschutz für in Datenbanken gestellte Fußballspielpläne
»Ein Spielplan für Fußballbegegnungen kann nicht urheberrechtlich geschützt werden, wenn seine Erstellung durch Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die künstlerischer Freiheit keinen Raum lassen.« Das hat der EuGH mit heutigem Urteil entschieden (Az.: C-604/10; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Demnach können Europas Fußballligen ihre in Datenbanken gestellten Spielpläne nicht urheberrechtlich schützen lassen. Geklagt hatten sechs Unternehmen, die die englischen und schottischen Fußballmeisterschaften organisieren. Sie werfen u.a. der Internetplattform Yahoo vor, die Spielpläne gewerblich zu nutzen, ohne eine finanzielle Gegenleistung zu erbringen. Yahoo erstellt anhand der Daten Nachrichten und Informationen zu den Fußballspielen und nutzt sie zur Organisation von Fußballwetten. Die Kläger beriefen sich zum einen auf ein etwaiges an den Spielplänen bestehendes Schutzrecht »sui generis« nach Art. 7 der Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (96/9/EG) sowie auf das Urheberrecht nach Art. 3 der Richtlinie. Das nationale Gericht lehnte der Rechtsprechung des EuGH folgend (s.u. Urteile des EuGH vom 9. November 2004) das geltend gemachte Schutzrecht »sui generis« ab. Die Beurteilung, ob die Spielpläne aber in Auslegung der Richtlinie 96/9/EG einen urheberrechtlichen Schutz genießen können, überlies das nationale Gericht dem EuGH.
Nach dessen Auffassung ist nur die »Struktur« der Datenbank und nicht deren »Inhalt« Gegenstand des durch die Richtlinie gewährten urheberrechtlichen Schutzes. Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/9/EG sei eine Datenbank urheberrechtlich geschützt, wenn sie aufgrund der Auswahl oder der Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstelle. Auf die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten selbst erstrecke sich der Schutz nicht. Die Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erzeugung der Daten aufgewandt wurden, seien daher bei der Beurteilung, ob eine Datenbank für den urheberrechtlichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommt, nicht zu berücksichtigen. Ferner führt der EuGH aus, dass der Begriff der geistigen Schöpfung des Urhebers im Sinne der Richtlinie 96/9/EG auf das Kriterium der Originalität verweise. Dieses Kriterium sei erfüllt, »wenn der Urheber über die Auswahl und Anordnung der in der Datenbank enthaltenen Daten seine schöpferischen Fähigkeiten in eigenständiger Weise zum Ausdruck bringt, indem er freie und kreative Entscheidungen trifft«. Wird die Erstellung der Datenbank hingegen durch technische Erwägungen, Regeln oder Zwänge bestimmt, die für die künstlerische Freiheit keinen Raum lassen, sei die Originalität und damit die schützenswerte geistige Schöpfung abzulehnen. Und zwar unabhängig davon, ob für die Erstellung der Datenbank ein bedeutender Arbeitsaufwand erforderlich war.
Anhand dieser Aspekte habe das nationale Gericht abschließend zu beurteilen, ob ein Urheberschutz im konkreten Fall in Betracht komme. Der EuGH betont jedoch, dass die vom vorlegenden Gericht geschilderten Einzelheiten zur Erstellung der Spielpläne die erforderliche Originalität nicht zum Ausdruck bringen und daher für einen Urheberschutz nach der Richtlinie 96/9/EG nicht ausreichen würden.
Dokumente:
- Pressemitteilung des EuGH vom 1. März 2012
- Urteile des EuGH vom 9. November 2004, Az.: C-46/02, C-338/02 und C-444/02
- Schlussanträge Generalanwalt Paolo Mengozzi vom 15. Dezember 2012
Institutionen:
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