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30.06.2011; 13:40 Uhr
Grundsatzpapier des Bundesverbands Digitale Wirtschaft zu aktuellen netzpolitischen Fragen
Verbraucherinteressen im Urheberrecht stärker berücksichtigen - Technologieneutralität und Entbürokratisierung

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) hat gestern ein Grundsatzpapier zu aktuellen medien- und netzpolitischen Fragen veröffentlicht. Der Verband stellt darin seine aktuellen Positionen zu Datenschutz, Online-Werbung, Netzsperren, Urheberrecht, Netzneutralität, Jugendschutz und Verbraucherschutz dar. Man sei bereit, mit Politikern zusammen die »großen gesellschaftlichen und ökonomischen Chancen im Netz zum Wohle aller zu verwirklichen«. Der BVDW vertritt knapp 600 Internetunternehmen in Geschäftsbereichen wie Online-Werbung, mobiles Internet und Social Media.

Urheberrecht

»Im Mittelpunkt der Überlegungen für ein zeitgemäßes Urheberrecht müssen die Bedürfnisse der Verbraucher stehen«, vor allem dessen Bedarf, digitale Inhalte auf mehreren Endgeräten jederzeit und überall abzurufen. Der Idee einer Kulturflatrate halten die Internetunternehmen entgegen, dass Verbraucher eher Bezahlmodelle favorisierten, die an bestimmte Nutzungen anknüpfen. Das Urheberrecht müsse zudem technologieneutral ausgestaltet sein. Daher stünden »technologie-spezifische Ansätze« wie das Kabelweitersendungsrecht, § 20 b UrhG, den plattformübergreifenden Geschäftsmodellen der digitalen Wirtschaft entgegen. Außerdem fordert der Verband ein einfaches und unbürokratisches Rechte-Clearing, wozu eine europaweite Rechtedatenbank eingerichtet werden könnte.

Datenschutz und Internetrecht

Oberste Grundsätze des Datenschutzes seien Transparenz und informationelle Selbstbestimmung. Eine effiziente Anpassung des Datenschutzrechts an die digitale Welt könne in erster Linie durch Selbstregulierung der Wirtschaft ermöglicht werden. Private Unternehmen könnten auch internationale Standards aufstellen. Die Politik wird aber aufgefordert, zusätzlich an einem höheren internationalen Schutzniveau zu arbeiten. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte letztes Jahr Klage gegen Facebook wegen Verstoßes der »Freundefinder«-Funktion gegen § 4 BDSG, § 13 TMG und AGB-Recht (mangelnde Transparenz) eingereicht und in diesem Zusammenhang Kritik an der mangelhaften Einhaltung des »Safe Harbour«-Abkommens seitens der USA geübt (vgl. Meldung vom 30. November 2010).

Der BVDW sieht »abgabefinanzierte Modelle« der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kritisch. Denn eine Refinanzierung von Webangeboten könne alternativ zum Paid Content in der Privatwirtschaft nur über Werbung funktionieren. Daher müssten die öffentlich-rechtlichen Angebote »marktgerecht ausgestaltet werden«, damit es nicht zu Wettbewerbsnachteilen der privaten Anbieter kommt. Vor kurzem hat der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger wegen Verstoßes gegen Wettbewerbsrecht und Rundfunkstaatsvertrag gegen die »Tagesschau«-App geklagt (vgl. Meldung vom 22. Juni 2011).

Die von der Rechtsprechung im Rahmen der Störerhaftung entwickelten »zusätzlichen Prüf- und Monitoringpflichten« gehen dem Verband zu weit. Es müsse gesetzgeberisch geklärt werden, in welchem Verhältnis diese Störerhaftung zum Haftungsprivileg des TMG steht. Die Hamburger Rechtsprechung zur Störerhaftung sieht den Einsatz von Wortfiltern und Webcrawlern vor (vgl. Meldung vom 4. März 2011).

Bei Netzsperren vertritt der BVDW den »Wehret den Anfängen«-Ansatz. Danach wird eine vorhandene Sperrinfrastruktur zur Bekämpfung von Kinderpornographie bei Verwertern der Musik- und Filmindustrie sowie bei Glücksspielbehörden »weitere Begehrlichkeiten wecken«. Am Ende seien auch legale Angebote in Gefahr (der Bürgerrechtlicher John Perry Barlow hat diesen Ansatz beim »eG8« ausgeführt, vgl. Meldung vom 25. Mai 2011). Auch der BVDW unterstützt die Forderungen nach Netzneutralität. Netzmanagement sei zwar zur Bewältigung von Engpässen im Datentransfer notwenig. Dies dürfe jedoch nicht zu einer Diskriminierung einzelner Diensteanbieter führen.

 

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