Wikileaks, Meinungsfreiheit und Fernmeldegeheimnis: Twitter muss Kontodaten an US-Justizministerium übermitteln
Das US-Justizministerium kann seine Ermittlungen in Sachen »Wikileaks« fortsetzen. Ein US-Gericht hat einem Antrag der US-Regierung stattgegeben, wonach Twitter Kontodaten von drei Personen übermitteln muss, die ins Visier der Ermittler geraten waren. Die Anordnung wurde am 11. März bestätigt. Nach U.S.C. 18 § 2703 (d) können elektronische Kundendaten an die Ermittlungsbehörde übermittelt werden, wenn sie für ein Ermittlungsverfahren erheblich sein können. Die Beschwerdeführer kannten den genauen Inhalt des Antrags nicht, fochten die Anordnung aber an, weil ihre Kontodaten überwiegend nicht »Wikileaks«-bezogen und daher nicht erheblich für das Ermittlungsverfahren seien. Außerdem stützten sie sich auf das erste und vierte »Amendment« der Verfassung (Meinungsfreiheit und Fernmeldegeheimnis).
Mit diesen Punkten drangen sie jedoch vor Gericht nicht durch. Formelle Bedenken an der Anordnung bestünden nicht. Die US-Regierung verhält sich nach Ansicht des District Court for the Eastern District of Virginia im Hinblick auf die Meinungsfreiheit der Beschwerdeführer nicht rechtsmissbräuchlich. Eine abschreckende Wirkung gehe nicht von der Anordnung aus, da sie sich nicht auf die in den »Tweets« öffentlich zugänglich gemachten Meinungsäußerungen, sondern auf reine Kundendaten beziehe, welche die Beschwerdeführer freiwillig bei Twitter hinterlegt haben. Aufgrund dieser freiwilligen Herausgaben von Daten greife auch das Fernmeldegeheimnis nicht.
Schließlich sah das Gericht auch keinen völkerrechtlichen Verstoß gegen gutes Einvernehmen, da die parlamentarische Immunität der Beschwerdeführerin Birgitta Jonsdottir, Abgeordnete im isländischen Parlament, nichts zur Sache tue. Diese solle nur sicherstellen, dass isländische Abgeordnete nicht für ihre Meinungsäußerungen belangt werden. Die Anordnung erstrecke sich nicht auf ihre parlamentarische Tätigkeit und auch nicht auf ihre Meinungsäußerungen in »Tweets«, sondern nur auf ihre Kontodaten.
Mit ihrem Begehren auf Einsicht in die Gerichtsakte wurden die Beschwerdeführer ebenfalls abgewiesen. Die Electronic Frontier Foundation (EFF) kündigte an, gemeinsam mit der American Civil Liberties Union (ACLU) in Berufung zu gehen.
Dokumente:
- Mitteilung der EFF vom 11. März 2011
- Beschluss des US-Gerichts (pdf)
- Artikel auf Spiegel Online vom 12. März 2011
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