Netzpolitischer Kongress der Grünen im Bundestag
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat am vergangenen Wochenende einen netzpolitischen Kongress im Bundestag veranstaltet. Renate Künast forderte in ihrer Rede unter anderem eine Anpassung des Urheberrechts an den technischen Fortschritt. Sie befürwortete die von Neelie Kroes vorgeschlagenen Reformen (vgl. Meldung vom 8. November 2011). Unter dem Titel »Grünes Urheberrecht« wurde über dessen grundsätzliche Ausrichtung im Informationszeitalter diskutiert. Prof. Dr. Reto Hilty vom Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum hält es für die »Lebenslüge des Urheberrechts«, dass es primär den Urheber schützt. In Wirklichkeit ginge es um das Geld der Verwerter. Rechte, die über eine Anreizfunktion hinausgehen, würden sich wettbewerbshindernd auswirken.
Zur Kulturflatrate, für die sich Bündnis90/Die Grünen erstmals 2005 ausgesprochen hatten (vgl. Meldung vom 16. Januar 2006), waren mittlerweile auch kritische Stimmen zu hören. So zeigte sich die EU-Parlamentsabgeordnete Helga Trüpel mittlerweile skeptisch, da eine Kulturflatrate möglicherweise mehr Probleme bringe, als löse.
In einem Gastbeitrag auf »iRights.info« stellte der Ex-Universal-Chef Tim Renner einen Vorschlag zur Kulturflatrate vor, der ebenfalls Gegenstand der Diskussionen war. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass Konsumenten immer versuchen werden, Beschränkungen ihres freien Umgangs mit digitalen Gütern zu umgehen. Exemplarisch führt Renner das Scheitern des Kopierschutzes in der Musikindustrie an. Die Kulturflatrate als Zwangsabgabe einzuführen, hält er für verkehrt. Denn dies würde voraussetzen, dass der Markt für Musik im Internet gescheitert ist. Die Musikindustrie habe bis jetzt die Entstehung eines digitalen Marktes verhindert. Grund dafür sei das wirtschaftliche Primat der Charts. Musik werde erst dann zum Verkauf angeboten, wenn die Titel einen Einstieg in die Charts schaffen könnten. Bis dahin seien diese jedoch längst auf illegalem Weg im Netz zu haben. Daher müsse eine Kulturflatrate an der Erstveröffentlichung von Inhalten ansetzen. Den Konsumenten müsste bereits ab dem Zeitpunkt, ab dem ein Titel im Radio läuft oder auf CD erhältlich ist, die Möglichkeit gegeben werden, diesen Titel in bester Qualität herunter zu laden. Die Musikindustrie solle sich dazu verpflichten, die Inhalte auf diesem Wege bereit zu stellen. Provider sollen im Gegenzug Flatrates entwickeln und gegenüber den Rechteinhabern und Verwertern »pro rata numeris« abrechnen.
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