Ex-RAF-Terroristen verteidigen ihre Persönlichkeitsrechte zunehmend vor Gericht
Die aktuellen Diskussionen um die vorzeitigen Haftentlassungen bzw. Gnadengesuche von ehemaligen RAF-Terroristen ziehen nun auch zunehmend juristische Folgen nach sich. Jüngstes Beispiel ist die Abmahnung der »Bild-Zeitung« durch Brigitte Mohnhaupt, nachdem sie in einem Artikel als »Mörderin« und »schlimmste Terroristin« bezeichnet worden war. Wie »newsroom.de« am 30.3.2007 meldet, zeigte die »Bild« wenig Verständnis für diesen Schritt Mohnhaupts, der ein Missbrauch des Persönlichkeitsrechts zu Lasten umgangssprachlicher wie historischer Wahrheit sei, zugleich aber auch eine Verletzung der Meinungsfreiheit: »Eine neunfache Mörderin bleibt eine neunfache Mörderin«. Als weiteren Schritt erwägt Mohnhaupt nun, eine einstweilige Verfügung gegen »Bild« zu erwirken.
In der Politik rief das Vorgehen des ehemaligen Mitglieds der »Roten Armee Fraktion« ein geteiltes Echo hervor. Verständnis zeigten laut der »Süddeutschen Zeitung« (SZ) die Rechtspolitker von CDU und den Grünen. Jürgen Gehb von der Union warnte davor, Mohnhaupt lebenslänglich an den öffentlichen Pranger zu stellen, Jerzy Montag betonte, sie habe wie jede relative Person der Zeitgeschichte das Recht, in ihre Privatheit zurückzukehren - wenn auch nicht sofort: »Sie genießt es nicht vom ersten Tag ihrer Freilassung an«. Vielmehr sei die Grenze zwischen Anonymität und Person der Zeitgeschichte fließend. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, hingegen bezeichnete die Abmahnung als einen schweren Eingriff in die Pressefreiheit und und sprang der »Bild« laut »SZ« bei: »Wer wegen Mordes verurteilt worden ist, muss auch so von der Presse bezeichnet werden können«.
Bereits gerichtlich erfolgreich waren zwei weitere ehemaligen Terroristinnen. Gegen die Veröffentlichung eines Fotos von ihr während ihres Prozesses Anfang der 90er Jahre in der Neuauflage eines Buchs über die »RAF« hatte Susanne Albrecht eine einstweilige Verfügung erwirkt, die das OLG Hamburg am 20.3.2007 bestätigt hatte (Az. 7 W 22/07). Nach Ansicht der Richter sei dem Resozialisierungsinteresse der Antragstellerin der Vorrang einzuräumen, da die Ereignisse Anfang der 90er Jahre im Vergleich zu den Taten der »RAF« in den 70ern nicht von derartiger historischer Bedeutung seien. Jedoch erstreckt sich die Untersagung nicht auf bereits gedruckte und aufgebundene Hardcover-Ausgaben. Eine ähnliche Abwägung scheint das LG Berlin vorgenommen zu haben, als es der »Berliner Morgenpost« im Zusammenhang mit der Berichterstattung um die bevorstehende Hatftentlassung von Eva Haule den Abdruck eines Fahndungsplakats von 1985 untersagte, das sie und weitere damals Gesuchte zeigt. Letzteres kritisierte der Rechtsanwalt Stephan Engels gegenüber »newsroom.de« vom 27.3.2007 als widersinnig: »Die Fahndungsfotos sind Teil der bundesrepublikanischen Historie und Zeitgeschichte darf im Nachhinein nicht umgeschrieben werden«.
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