Europäischer Rat einigt sich über Patentierbarkeit von Computerprogrammen
Nach einem vom EU-Wettbewerbsrat am 18.5.2004 verabschiedeten Beschluss kann Computer-Software in der EU künftig patentiert werden. Wie die Europäische Kommission (EU-Kommission) in einer Pressemitteilung vom 19.5.2004 mitteilt, konnte sich der Rat auf einen Kompromiss zu der Richtlinie über computerimplementierte Erfindungen einigen. Die EU-Kommission begrüßt die Einigung, wonach Entwicklern wirklich neuer auf computerimplementierte Technologien gestützter Produkte ein entsprechender Anteil am möglichen Erfolg der Software garantiert ist. Gleichzeitig werde eine Blockade der Open-Source-Entwickler durch diese Patente vermieden. Binnenmarktskommissar Frits Bolkestein sieht in der nun beschlossenen Fassung der Richtlinie »einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit Europas«.
Das Europäische Parlament (EU-Parlament) hatte am 23.9.2003 im Rahmen des so genannten Mitentscheidungsverfahrens in erster Lesung den umstrittenen Richtlinienvorschlag des EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein in abgeänderter Form verabschiedet. Nach dieser Version sollten Geschäftsmethoden und Algorithmen keinen staatlichen Monopolschutz erhalten und nur Patente für computergesteuerte Anwendungen in Endgeräten möglich sein. Als Beispiel hierfür wurden EDV-gesteuerte Prozesse in Handys, Werkzeugen und Waschmaschinen angeführt. Reine Programme, die in einen Computer oder ein Netzwerk geladen werden, sollten nicht patentierbar sein. Der aktuelle Kompromiss des Rats berücksichtigt die von dem Parlament vorgenommenen Änderungen nur bedingt. Ausdrücklich festgeschrieben werden soll in der Richtlinie, dass Geschäftsmethoden oder Computerprogramme, die keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik leisten, nicht patentierbar sind. Hierin unterscheidet sich der Kompromiss wesentlich von der Rechtslage in den USA, wo Computerprogramme ohne Weiteres patentiert werden können. In Europa wird Software bisher durch das Urheberrecht geschützt. Allerdings nur der konkrete Programmiercode, nicht aber die Idee oder das Verfahren an sich.
Die Direktive muss nun von dem EU-Parlament in zweiter Lesung endgültig verabschieden werden. Diese wird aber erst nach den Wahlen im Juni 2004 und der anschließenden Neukonstituierung des Parlaments im September 2004 stattfinden.
Dokumente:
- Pressemitteilung der EU-Kommission vom 19.5.2004
- Vorschlag der EU-Kommission für eine Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen vom 20.2.2002
Institutionen:
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