Zuständigkeitsregelung des § 50 Abs. 4 TKG ist verfassungswidrig
Die Regelung der Zuständigkeit der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post nach § 50 Abs. 4 Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25.7.1996 ist nicht verfassungsgemäß und damit nichtig, da sie mit Art. 30 in Verbindung mit den Art. 86 und 87 f Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar ist. Dies entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts laut einer Pressemitteilung des Gerichts durch Urteil am 15.7.2003 (Az.: 2 BvF 6/98) mit fünf gegen drei Stimmen. Im Fall hatte die Freie und Hansestadt Hamburg Normenkontrollantrag über die Verfassungsmäßigkeit des § 50 Abs. 4 TKG eingelegt.
Hintergrund des Verfahrens war die Privatisierung der Organisation des Postwesens und der Telekommunikation im Rahmen der Postreform in den 90er Jahren. Seitdem steht es auch Kommunen oder Ländern offen, sich an Firmen zu beteiligen, die Kabel für Telekommunikationsnetze legen. Daher kann es zu Interessenkonflikten kommen, wenn die Kommunen oder Länder als Inhaber der Wegenutzungsrechte wiederum der über- oder unterirdischen Kabelverlegung zustimmen sollen. Daher wurde die Zustimmungspflicht in den Fällen an die Regulierungsbehörde des Bundes übertragen, in denen Gemeinden oder Bundesländer Firmenbeteiligungen hatten. Die Freie und Hansestadt Hamburg sah in dieser Aufgabenzuweisung an die Regulierungsbehörde einen verfassungswidrigen Eingriff in ihre Zuständigkeit. Ein Interessenkonflikt könnte schon dadurch vermieden werden, dass die jeweils zuständigen Behörden getrennt würden. Dem gab der Zweite Senat Recht. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit der Kompetenzverteilung im Bundesstaat nach Art. 30, 83 GG. Die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben sei grundsätzlich Sache der Länder. Dies regelt Art. 83 GG bereichsspezifisch für die Ausführung der Bundesgesetze. Bei der in Frage stehenden Erteilung der Zustimmung der Träger der Wegebaulast zur Verlegung neuer und Veränderung bestehender Telekommunikationslinien handele es sich in diesem Sinne um die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben. Es gehe um die verwaltungsmäßige Ausführung von Aufgaben des TKG. Die Verfassungswidrigkeit des Art. 50 Abs. 4 TKG ergebe sich aus ihrem Zusammenhang mit Absatz 3 der Norm, auf den sie Bezug nimmt. Dieser sei widersprüchlich und verstoße gegen das verfassungsrechtliche Gebot klarer Zuständigkeitsbestimmung. Art. 50 Abs. 3 TKG übertrage die Entscheidungen über die Zustimmung zur Verlegung neuer oder die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien den jeweiligen Wegebaulastträgern und damit den Ländern und Kommunen. Das im Wesentlichen gleichartige Zustimmungsverfahren könne nicht gleichzeitig einerseits dem Bereich der Landesstraßenverwaltung und andererseits aber dem Bereich der Telekommunikation im Sinne des Art. 87 f Abs. 2 S. 2 GG und damit dem Bereich der bundeseigenen Verwaltung zugerechnet werde. Die Regulierungsbehörde des Bundes könne nur noch ein auf spezifisch telekommunikationsrechtliche Fragen begrenztes Mitentscheidungsrecht zustehen, nicht aber das umfassende Alleinentscheidungsrecht.
Dokumente:
- Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.7.2003
- Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.5.2003
Institutionen:
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