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26.06.2003; 19:01 Uhr
BGH verneint Werkcharakter eines Fernsehsendeformats im Sinne des § 2 UrhG
Vom Inhalt losgelöste Anleitung zur Formgestaltung gleichartiger anderer Stoffe ist kein Werk

Ein Fernsehsendeformat ist kein Werk im Sinne des § 2 UrhG, wenn es sich dabei lediglich um eine vom Inhalt losgelöste Anleitung zur Formgestaltung gleichartiger anderer Stoffe handelt, auch wenn diese ein in ihrer Art besonderes Leistungsergebnis darstellen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 26.6.2003 (Az. I ZR 176/01). Im Fall hatte sich der BGH mit der Frage zu beschäftigen, ob sich das so genannte Showformat der vom Südwest-Rundfunk ausgestrahlten Fernsehsendereihe »Kinderquatsch mit Michael« unzulässig an das Format der seit 1977 in Frankreich ausgestrahlten Sendereihe »L'école des fans« anlehnt und damit urheberrechtliche und wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche der Klägerin begründet.

In beiden Shows sind die Teilnehmer Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren. Der Moderator stellt die einzelnen Kinder durch ein kurzes altersgerechtes Interview vor, wobei die Befragten auf einem kleinen Podest stehen. Im Anschluss singen die Kinder unter Musikbegleitung jeweils ein einstudiertes Lied. Während der Darbietung werden in beiden Shows die im Publikum sitzenden Eltern der Kinder wiederholt gezeigt. Im Verlauf der Sendungen treten weiter Gaststars auf. Abschließend verteilt der Moderator Geschenke an die Kinder.

Laut der Pressemitteilung bezeichnet der Begriff des Formats bei Fernsehshows deren Konzept. Dieses beinhaltet die Gesamtheit aller ihrer charakteristischen Merkmale, die geeignet sind, auch Folgen der Show trotz ihres jeweils unterschiedlichen Inhalts als Grundstruktur zu prägen und damit zugleich dem Publikum zu ermöglichen, sie ohne weiteres als Teil einer Sendereihe zu erkennen (z.B. Titel, Logo, Grundgedanke der Show, Dauer und Ablauf der Sendung). Ein Fernsehshowformat dient als Anleitung für kontinuierlich zu sendende neue Folgen der Show.

Der BGH wies die Klage wie das vorbefasste Oberlandesgericht Schleswig (OLG) und das Landgericht Kiel (LG) zurück. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit dem mangelnden Werkcharakter des Formats von »L'école des fans« gem. § 2 UrhG. Ein Werk als Gegenstand des Urheberrechtsschutzes könne nur das Ergebnis der schöpferischen Formung eines bestimmten Stoffs, nicht eine vom Inhalt losgelöste Anleitung zur Formgestaltung gleichartiger anderer Stoffe sein, auch wenn diese ein in ihrer Art besonderes Leistungsergebnis sei. Das Sendeformat von »L'école des fans« sei nur ein vorgegebener Rahmen zur Gestaltung gleichartiger Sendungen mit neuen Inhalten als Teil einer Sendereihe. Hinzu komme, dass ein Werk urheberrechtlich nicht gegen seine bloße Benutzung als Vorbild zur Formung anderer Stoffe geschützt sei. Einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch lehnten die Richter mangels zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses ab.

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