Erneut Kritik an Entwurf für neues Hamburger Mediengesetz
Nach der Kritik der Landesmedienanstalten kommen nun auch von Gewerkschaftsseite Einwände gegen das geplante neue Hamburgische Mediengesetz (HbgMedG). Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) warnte am 21.5.2003, wer die Informationspflicht der Vollprogramme aus dem Gesetz streiche und damit die Verpflichtung, auch das öffentliche Geschehen, die politischen Ereignisse und das kulturelle Leben in Hamburg und seiner Region darzustellen, setze auf Uniformität statt auf Vielfalt und öffne weiterer Kommerzialisierung Tür und Tor. In der vorliegenden Form sei der Gesetzentwurf verfassungswidrig. Das Grundgesetz (GG) schreibe dem Rundfunk eine besondere Verantwortung für die demokratische Willensbildung zu. Diesem Auftrag müsse sich auch der private Rundfunk stellen. Die Verfasser des Gesetzentwurfs kündigten diesen demokratischen Konsens auf und überließen Hamburgs Privatrundfunk völlig den Marktkräften. ver.di fordere den Hamburger Senat auf, den Gesetzentwurf zurückzunehmen und stattdessen durch gesetzliche Maßnahmen die innere Rundfunkfreiheit zu stärken. Als Beispiel nannte die Gewerkschaft die Einführung gesetzlich zwingender Redaktionsstatute. Die Hamburgische Anstalt für neue Medien (HAM) als zuständige Aufsichtsbehörde müsse gestärkt und nicht geschwächt werden.
Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten hatte am 20.5.2003 gewarnt, mit dem geplanten Mediengesetz werde der bisherige Konsens der Bundesländer über die Ausgestaltung der Rundfunkordnung in Deutschland von Hamburg einseitig aufgekündigt. Wenn an den privaten Rundfunk keine inhaltlichen Anforderungen mehr gestellt würden, würden die Privatsender aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entlassen. Das sei verfassungsrechtlich bedenklich und gesellschaftspolitisch folgenschwer. Nicht ohne Grund sei der Rundfunk wegen seiner konstituierenden Bedeutung für die pluralistische Demokratie verfassungsrechtlich geschützt. Ohne gesetzliche Ausgestaltung des Programmauftrags auch der Privatsender müsse diese Aufgabe in Zukunft allein der öffentlich-rechtliche Rundfunk erfüllen. Auch von der DLM wurde die geplante Beschneidung der Aufgaben der (HAM) und die erhebliche Einschränkung ihrer Geldmittel kritisiert. Die Landesmedienanstalten warnten, wenn eine Anstalt vom Gesetzgeber zu einem "ungleichen Partner" gemacht werde, würde die "föderale Kooperation" der Landesmedienanstalten und ihre Arbeit "zu Gunsten der Weiterentwicklung des Privatfunks insgesamt" Schaden nehmen.
Der Hamburger Senat hat am 29.4.2003 einen Gesetzentwurf für eine Neufassung seines Landesmediengesetzes beschlossen, mit der die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Privatsender verbessert und die Eigenverantwortung und Selbstkontrolle der Veranstalter gestärkt werden sollen. Die in Hamburg regierende Koalition aus CDU, FDP und PRO will durch die Neuregelung nach eigener Darstellung "die nach heutiger Sicht nur noch schwer begreifliche Überregulierung im Privatrundfunk" beenden. Kernbestandteile der Reform sind ein erleichtertes Zulassungsverfahren für neue Veranstalter, Änderungen in der Zusammensetzung des Vorstands der HAM und ein Wechsel bei der Trägerschaft des so genannten "Offenen Kanals" in der Hansestadt. Er soll in Zukunft nicht mehr von der HAM, sondern in Art eines Ausbildungskanals von der Hamburg Media School (HMS) betrieben werden. Der Hamburger Senat erhofft sich davon eine wesentliche Verbesserung von Ausbildungsgängen im Medienbereich. Der Kanal soll aber weiter auch für Zwecke der Bürgerbeteiligung zur Verfügung stehen. Die Verpflichtung privater Hörfunksender, einen bestimmten Teil ihrer Sendezeit für Wortprogramme zu nutzen, soll nach dem Willen des Senats ganz fallen. Falls dieser Vorschlag in der Hamburger Bürgerschaft eine Mehrheit finden sollte, wären in dem Stadtstaat in Zukunft auch reine Musiksender möglich. Das neue Hamburgische Mediengesetz könnte bereits zum 1.1.2004 in Kraft treten.
Dokumente:
- Pressemitteilung von ver.di v. 21.5.2003
- Pressemitteilung der ALM v. 20.5.2003
- Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des hamburgischen Mediengesetzes v. 29.4.2003 (Drs. 17/2641)
Institutionen:
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