Springer droht Clement angeblich mit Einstellung der "Welt"
Der Hamburger Springer-Verlag droht angeblich mit einer Einstellung der "Welt", falls Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) dem Stuttgarter Holtzbrinck-Verlag durch eine Ministererlaubnis doch noch den vom Bundeskartellamt untersagten Einstieg beim Berliner Verlag ermöglicht. Über einen entsprechenden Brief des Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner an Clement berichtet am 17.4.2003 vorab der "Spiegel". Falls eine Ministererlaubnis erteilt werde, habe das "zwingend zur Folge, dass Axel Springer die 'Welt' einstellen müsste", zitiert das Nachrichtenmagazin aus dem Schreiben. Auch die "Berliner Morgenpost" würde in diesem Fall "mittelfristig" vom Markt verschwinden. Döpfer begründet seinen Vorstoß nach Darstellung des "Spiegels" damit, dass Holtzbrincks Einstieg beim Berliner Verlag die Bemühungen von Springer zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage bei "Welt" und "Berliner Morgenpost" "endgültig zunichte machen würde". Springer könne ein weiteres Ansteigen des Defizits bei der "Welt" nicht mehr verantworten. Der Holtzbrinck-Verlag wies die Darstellung von Springer umgehend nach Bekanntwerden des Briefes zurück. Ein Einstieg beim Berliner Verlag richte sich nicht gegen die "traditionell sehr ertragreiche" "Berliner Morgenpost". Auch das Geschäft der Hamburger mit der "Welt" werde Holtzbrinck nicht beeinträchtigen. Deren Auflage werde zu 90 Prozent außerhalb Berlins verkauft.
Das Bundeskartellamt hatte Holtzbrinck Mitte Oktober 2002 den Einstieg beim Berliner Verlag untersagt. Die Bonner Behörde begründete ihre Entscheidung damit, bei einer Übernahme unter anderem der "Berliner Zeitung" und des "Berliner Kuriers" durch Holtzbrinck sei eine beherrschende Stellung des Verlages auf dem Markt für regionale Abonnement-Tageszeitungen zu befürchten gewesen. Holtzbrinck hatte daraufhin bei Bundeswirtschaftsminister Clement eine Ministererlaubnis beantragt, mit der ein Einsteig beim Berliner Verlag trotz des Einspruchs des Bundeskartellamts möglich wäre. Für den Fall, dass die Ministererlaubnis nicht erteilt wird, droht Holtzbrinck mit einer Einstellung des "Tagesspiegels". Die Zeitung könne wirtschaftlich nur erhalten werden, wenn sie unter einem Dach mit der "Berliner Zeitung" hergestellt werde. Mitte März 2003 hatte Holtzbrinck versucht, durch einen neuen Vorstoß Bewegung in den Streit zu bringen. Die Verlagsgruppe machte den Vorschlag, in Zukunft solle eine Stiftung über die redaktionelle Unabhängigkeit des "Tagesspiegels" wachen. Nach der so genannten "Stiftungslösung" sollen Vertreter von Parteien, Verbänden, Gewerkschaften, privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern und Zeitschriften wie dem "Spiegel" im Beirat einer neu zu gründenden Stiftung verhindern, dass der "Tagesspiegel" zur Übernahme von redaktionellen Inhalten der "Berliner Zeitung" oder anderer Blätter des Berliner Verlags gezwungen wird. Trotzdem sprach sich Anfang April 2004 auch die Monopolkommission gegen einen Einstieg von Holtzbrinck beim Berliner Verlag aus.
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