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07.05.2003; 16:59 Uhr
Europäisches Wettbewerbsrecht soll weiter auch für öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelten
Privatsender warnen vor Senderregelungen - "Mühsam erreichtes Gleichgewicht bewahren"

Das europäische Wettbewerbsrecht soll weiter uneingeschränkt auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelten. Das fordern die Privatsender in der Europäischen Union (EU) in einer Eingabe an den Europäischen Verfassungskonvent (Konvent). Die Unternehmen warnen, scheinbar harmlose Sonderregelungen für die öffentlich-rechtlichen Sender in der Europäischen Verfassung (Verfassung) könnten ernste und weitreichende Folgen für Unternehmen und Verbraucher im europäischen Binnenmarkt haben. Das durch den EG-Vertrag mühsam erreichte Gleichgewicht zwischen freiem Wettbewerb und Schutz öffentlicher Belange sei in Gefahr.

Die Sender weisen darauf hin, dass öffentliche und private Rundfunkveranstalter zunehmend ähnliche Inhalte für ähnliche Zielgruppen ausstrahlten und deshalb auf denselben Märkten im Wettbewerb ständen. Auch Privatsender erbrächten mittlerweile einen bedeutenden Beitrag für die kulturelle Diversität und die mediale Pluralität in der EU und damit für grundlegende Funktionen der demokratischen Gesellschaft. Trotzdem erhielten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach wie vor in erheblichem Umfang öffentliche Mittel. Außerdem kämen sie in den Genuss weitreichender Erleichterungen beispielsweise im Steuer-, Urheber- und Jugendschutzrecht. Bereits jetzt komme es deshalb in einigen Bereichen zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen. Das gelte vor allem bei Internetangeboten, elektronischem Handel, Fernsehproduktionen und bei grenzüberschreitenden digitalen Satellitenausstrahlungen. Statt weiteren Erleichterungen für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müsse es im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs darauf ankommen, dass das geltende Recht in allen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt und seine Ausführung durch die Europäische Kommission (Kommission) überwacht werde. Das gelte beispielsweise für die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks klar zu regeln. Außerdem müsse auch die EU-Transparenzrichtlinie überall umgesetzt werden.

Die deutschen Vorstellungen zu wichtigen rundfunkrechtlichen Grundentscheidungen werden aller Voraussicht nach in die Europäische Verfassung (Verfassung) einfließen. Das hat der Vorsitzende des Europäischen Verfassungskonvents, Valéry Giscard d'Estaing, dem Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder, dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), zugesichert. Die von Beck für die Bundesländer verfassten medienpolitischen Vorstellungen würden in der Verfassung "in gebührender Weise berücksichtigt werden", schrieb Giscard d'Estaing an den SPD-Politiker. Beck nannte die Zusicherung in einer Stellungnahme "wertvoll und weitsichtig". Sie sichere die kulturelle Vielfalt in der Europäischen Union und Erhalt und Weiterentwicklung des deutschen Rundfunkwesens. Nicht durchsetzen konnte sich Beck allerdings offenbar mit seiner Forderung, das Amsterdamer Protokoll zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk ohne inhaltliche Veränderung in den Verfassungsentwurf zu übernehmen. Giscard d'Estaing meinte zu diesem Vorschlag, das Protokoll sei von keiner Seite in Frage gestellt worden. Beck wertete allerdings auch das als Zeichen dafür, dass das Gebot der Achtung der nationalen sowie der kulturellen Identität der Mitgliedstaaten im Rundfunkwesen in der Verfassung verankert werden solle.

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