Bundesregierung macht bei Urheberrechtsreform Zugeständnisse
Die Bundesregierung will der Verwertungswirtschaft bei der Umsetzung der EU-Urheberrechts-RL nun offenbar doch Zugeständnisse machen. Das ergibt sich aus der Formulierungshilfe der Berichterstatter der Koalitionsfraktionen für die entscheidende Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestages, der sich am 9.4.2003 abschließend mit der Urheberrechtsreform befassen soll. Die geplante neue Schranke in § 52a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) zu Gunsten öffentlicher Bildungseinrichtungen soll nach der Formulierungshilfe deutlich enger gefasst werden. Schulen und Hochschulen sollen nun nur noch dazu berechtigt sein, ihren Angehörigen kleine Teile eines veröffentlichten Werks, veröffentlichte Werke geringen Umfangs oder einzelne Beiträge aus Zeitungen und Zeitschriften öffentlich zugänglich zu machen. Weitere Änderungen betreffen das Namensnennungsrecht und die Übertragbarkeit der Leistungsschutzrechte ausübender Künstler, die Strafvorschriften für die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen und die Übergangsregelungen. Im Recht der Computerprogramme wurde bei der Einfügung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung in den Rechtekatalog des § 69c UrhG ein redaktionelles Versehen beseitigt.
Vor allem aus der deutschen Verlagswirtschaft waren mit Blick auf den geplanten neuen § 52a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) wiederholt Warnungen vor Arbeitsplatzverlusten laut geworden. Die Schulbuch- und Wissenschaftsverlage befürchteten durch die Regelung eine "Enteignung" ihrer Nutzungsrechte. Sie kritisierten, bei Inkrafttreten der Vorschrift werde es keine Bibliothek mehr für nötig halten, Zeitschriften in gedruckter Form zu bestellen oder für die elektronische Fassung Lizenzgebühren zu zahlen. Eine Vergütung über Verwertungsgesellschaften werde die Kosten der Verlage nicht annähernd decken. Auch die Union hatte gewarnt, der neue § 52a des UrhG könne ganze Verlage in ihrer Existenz gefährden. Das bestehende Zitatrecht reiche für wissenschaftliche Anforderungen aus und solle nicht ausgeweitet werden. Die Bundesregierung hatte sich von der Schrankenregelung neben einer Förderung neuer Lehr- und Lernformen erhebliche Einsparmöglichkeiten im Bildungsbereich erhofft. Wegen des heftigen Widerstands der Verlagswirtschaft war die abschließende Beratung der Urheberrechtsreform im Rechtsausschuss des Bundestages mehrmals verschoben worden.
Dokumente:
- Formulierungshilfe der Berichterstatter der Koalitionsfraktionen v. 14.3.2003 (Vorblatt, 15 S.)
- Formulierungshilfe der Berichterstatter der Koalitionsfraktionen v. 14.3.2003 (Antrag, 30 S.)
- Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 6.11.2002 (BT-Drs. 15/38)
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 1206:
https://www.urheberrecht.org/news/1206/
Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.
Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.
Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!
Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.