mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
14.03.2003; 17:52 Uhr
Wettbewerb soll auf Gefahren durch zunehmende Patentierung von Software aufmerksam machen
Programmierer warnen vor nachträglicher Absegnung "rechtswidriger" Entscheidungen des EPA

Ein Wettbewerb soll auf die Gefahren durch die zunehmende Patentierung von Computerprogrammen aufmerksam machen. Die Essener Linux User Group (ELUG) rief am 14.3.2003 alle Softwareentwickler dazu auf, bis Anfang Mai 2003 Programme einzusenden, die eines der rund 30.000 bisher vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilten Softwarepatente verletzen. Für jede Beschreibung und Verletzung eines möglichst absurden Patents gibt es Punkte. Besonders leicht verdienen kann man sich Punkte dadurch, dass man der Bundesregierung die Verletzung eines Softwarepatents nachweist. Die ELUG will mit dem Wettbewerb auf die ihrer Meinung nach rechtswidrige Handhabung des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) durch das EPA hinweisen. Obwohl Art. 52 des EPÜ die Patentierung von Software ausdrücklich untersage, habe das EPA mittlerweile Patente für Tausende grundlegender Programmfunktionen erteilt. Unter Patentschutz ständen inzwischen beispielsweise die Darstellung des Fortschritts von Lade- oder Verarbeitungsvorgängen durch Balkenanzeige, die Anwahl von Bildschirmseiten durch sogenannte "Reiter" und der sogenannte "elektronische Einkaufswagen" in Onlineshops. Jede Verwendung dieser Gestaltungsmittel ohne vorherigen Erwerb einer Lizenz vom Rechtsinhaber stelle eine Patentverletzung dar. Gleichzeitig warnt die ELUG davor, die bisher erteilten Patente bei Verabschiedung der EU-Softwarepatentierungsrichtlinie nachträglich abzusegnen. Über die Richtlinie soll am 8.5.2003 im Europäischen Parlament (EP) beraten werden.

Die Kommission hat ihren Entwurf einer Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen Mitte Februar 2003 vorgelegt. Nach dem Entwurf sollen Computerprogramme als solche auch in Zukunft nicht patentiert werden können. Software soll stattdessen grundsätzlich weiterhin durch das Urheberrecht geschützt werden. Erfindungen, die durch die Ausführung von Software auf einem Computer oder einer vergleichbaren Vorrichtung implementiert werden, sollen allerdings patentiert werden können, wenn sie "einen Beitrag auf einem Gebiet der Technik leisten, der für einen Fachmann nicht nahe liegend ist". Der Entwurf unterscheidet sich durch diese Bedingung wesentlich von der Rechtslage in den USA, wo Computerprogramme ohne Weiteres patentiert werden können. Nachdem trotzdem Kritik an dem Kommissionsentwurf laut geworden war, hat sich der Ausschuss der ständigen Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten beim Rat der Europäischen Union (Rat) Ende 2002 dafür ausgesprochen, in der Richtlinie klarzustellen, dass eine Patentierung von mathematischen oder Geschäftsmethoden nicht möglich sein soll. Durch Streichung einer missverständlichen Vorschrift des Kommissionsentwurfs soll außerdem sichergestellt werden, dass für Computerprogramme als solche tatsächlich keine Patente erteilt werden. Der Rat hat zu diesem Bericht weitgehend sein Einvernehmen durchblicken lassen. Die Gefahr einer Patentierung von Geschäftsmethoden und eines Patentschutzes für Computerprogramme als solche waren die Hauptkritikpunkte an dem bisherigen Richtlinienentwurf.

Dokumente:

Institutionen:

[IUM/jz]

Permanenter Link zu dieser News Nr. 1178:

https://www.urheberrecht.org/news/1178/


Zurück zur Liste


Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.

Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.

Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!

Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.