Bertelsmann warnt vor Arbeitsplatzverlusten durch Urheberrechtsreform
Wenige Tage vor der abschließenden Beratung der Urheberrechtsreform im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags sind aus der Verlagswirtschaft Warnungen vor Arbeitsplatzverlusten laut geworden. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) meldet am 24.2.2003, vor kurzem sei ein Brief der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer an Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) bekannt geworden. Darin warne der Vorstandsvorsitzende des Konzerns, Arnold Bahlmann, bei einem Inkrafttreten der von der Bundesregierung geplanten Regelungen seien "viele Verlagsarbeitsplätze in Deutschland gefährdet". Nach Darstellung der dpa forderte Bahlmann Zypries auf, den Gesetzentwurf noch einmal zu überarbeiten. Ein "schwerer Schlag für die Wissenschaftsverlage" werde vor allem die geplante neue Schrankenregelung zu Gunsten von Schulen und Hochschulen sein. Nach der Meldung der dpa warnt Bahlmann, bei Inkrafttreten dieser Regelung werde es keine Bibliothek mehr für nötig halten, Zeitschriften in gedruckter Form zu bestellen oder für die elektronische Fassung Lizenzgebühren zu zahlen. Eine Vergütung über Verwertungsgesellschaften werde die Kosten der Verlage nicht annähernd decken.
Hintergrund der Warnungen ist vermutlich der geplante neue § 52 a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Nach dieser Schrankenvorschrift sollen Schulen und Hochschulen in Zukunft unter bestimmten Voraussetzungen bereits veröffentliche Werke öffentlich zugänglich machen dürfen, ohne dafür von den Verlagen entsprechende vertragliche Nutzungsrechte erwerben zu müssen. Der Gesetzgeber erhofft sich durch diese Ausnahme vom Urheberrechtsschutz neben einer Förderung neuer Lehr- und Lernformen erhebliche Einsparmöglichkeiten im Bildungsbereich. Gegen die Regelung laufen seit einiger Zeit die Schulbuch- und Wissenschaftsverlage Sturm, die eine "Enteignung" ihrer Nutzungsrechte befürchten. Wegen des heftigen Widerstands der Verlagswirtschaft wurde die abschließende Beratung der Urheberrechtsreform im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages bereits um eine Woche verschoben. Bundesjustizministerin Zypries hat sich vor kurzem noch einmal mit Vertretern des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels (Börsenverein) getroffen, um das Problem zu diskutieren.
Dokumente:
- Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 6.11.2002 (BT-Drs. 15/38)
- EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (EU-Urheberrechtsrichtlinie) v. 22.5.2001, 2001/29/EG, konsolidierte Fassung
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 1145:
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