Informationswirtschaft kritisiert Entwurf für Durchsetzungs-RL als unzureichend
Die europäische Informationswirtschaft hat den von der Europäischen Kommission (Kommission) vorgelegten Entwurf für eine Richtlinie zur Vereinheitlichung des Rechts zur Durchsetzung des geistigen Eigentums (Durchsetzungs-RL) als unzureichend kritisiert. Verbände von Musik-, Film- und Softwareunternehmen und Urhebervereinigungen warnten am 30.1.2003 in Brüssel, der Kommissionsentwurf würde zu einem Fortbestehen des rechtlichen "Flickenteppichs" unterschiedlicher Rechtsschutzmöglichkeiten in der Europäischen Union (EU) führen. Angesichts des Ausmaßes der Piraterie- und Fälschungshandlungen im europäischen Binnenmarkt sei die vorgeschlagene Richtlinie darüber hinaus nicht ehrgeizig genug. In einigen Bereichen bleibe sie sogar hinter dem Schutzumfang bestehender internationaler Verträge zurück. Die Verbände warnten, allein in der europäischen Musik-, Film- und Softwarewirtschaft seien durch Verletzung geistiger Eigentumsrechte jährlich Verluste von über 4,5 Milliarden Euro zu verzeichnen. Diese Verluste hemmten Investitionen im kulturellen Bereich und kosteten die Staatshaushalte Steuereinnahmen in Millionenhöhe. Wenn die EU dieses Problem nicht "aggressiv" angehe, könne sie nicht darauf hoffen, ihr Ziel zu erreichen, die weltweit führende wissensbasierte Wirtschaftszone zu werden.
Die Kommission hat ihren Entwurf für eine Durchsetzungs-RL am 30.1.2003 in Brüssel vorgestellt. Ziel der Richtlinie ist nicht nur die Rechtsangleichung der Rechtsschutzmöglichkeiten bei der Verletzung geistiger Eigentumsrechte in der EU, sondern auch ein besserer Informationsaustausch zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Der Richtlinienentwurf ergänzt den Entwurf einer neuen Produktpiraterieverordnung, die die Kommission bereits Mitte Januar 2003 vorgelegt hat, und die Urheberrechts-RL, die schon im Mai 2001 verabschiedet wurde und gerade in deutsches Recht umgesetzt wird. Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Frits Bolkestein erklärte bei Vorstellung des Richtlinienentwurfs, Produktpiraten und Fälscher dürften in der EU "keinen sicheren Hafen" finden. Sie schwächten die Anreize für wirtschaftliche Innovation und kulturelle Kreativität und schädigten damit Wettbewerbsfähigkeit, kulturellen Reichtum und Entwicklungskraft der EU. Bolkestein zeigte sich zuversichtlich, dass der Entwurf in Parlament und Rat Zustimmung finden werde. Über die Richtlinie wird im sogenannten Mitentscheidungsverfahren entschieden werden.
Dokumente:
- Pressemitteilung der IFPI v. 30.1.2003
- Vorschlag der Kommission für eine Durchsetzungs-RL v. 30.1.2003, KOM (2003) 46 endg.
- Häufig gestellte Fragen zum Vorschlag der Kommission für eine Durchsetzungs-RL
Institutionen:
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