Kritik an Forderung Raus nach Werbeverzicht bei Gewaltfilmen
Die Forderung von Bundespräsident Johannes Rau (SPD) auf einen freiwilligen Werbeverzicht der Wirtschaft im Umfeld von gewaltverherrlichenden Fernsehfilmen ist bei den privaten Rundfunksendern auf Kritik gestoßen. Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) warnte mit Blick auf den Vorstoß Raus vor einem "Boykott" der Werbewirtschaft. Gewaltverherrlichende und menschenverachtende Filme dürften im Fernsehen ohnehin nicht ausgestrahlt werden, erklärte der VPRT-Vorsitzende Jürgen Doetz am 23.1.2003 in einer Pressemitteilung. Es sei bedauerlich, dass die sehr sensibel geführte Diskussion über Gewaltdarstellungen im Fernsehen erneut in Gefahr laufe, in ein "populistisches Fahrwasser" zu geraten. Gewaltverherrlichende Filme müssten unterschieden werden von gewalthaltigen Filmen, in denen diejenigen, die Gewalt ausgeübt haben, zur Rechenschaft gezogen würden und die staatliche Ordnung wieder hergestellt werde. Gewalt sei ein Bestandteil der gesellschaftlichen Wirklichkeit und könne vom Fernsehen nicht verheimlicht werden, meinte Doetz.
Rau hatte die Wirtschaft in der Diskussion um die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Gewaltdarstellungen in den Medien zu verstärktem Engagement aufgefordert. Unternehmen sollten freiwillig darauf verzichten, um Umfeld von gewaltverherrlichenden Filmen Werbung zu schalten, meinte Rau in einem Gespräch mit dem "Stern". "Ich appelliere an alle Unternehmen, die Fernsehwerbung treiben: Leisten Sie keine Beihilfe zur Ausstrahlung gewaltverherrlichender oder menschenverachtender Filme", forderte der Bundespräsident. Auf diesem Weg könnten jugendgefährdende Filme aus attraktiven Sendeplätzen verdrängt werden. Nach dem Massaker von Erfurt sei die Sensibilität gegenüber Gewaltdarstellungen in den Medien "nicht in dem Umfang gewachsen, wie sie hätte... wachsen sollen". In Erfurt hatte im April 2002 ein 19jähriger ehemaliger Schüler des Gutenberg-Gymnasiums bei einem Amoklauf sechzehn Menschen erschossen. Die Tat war in der öffentlichen Diskussion mit Gewaltdarstellungen in den Medien in Verbindung gebracht worden.
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