"Bild"-Chefredakteur geht wegen Penis-Satire in Berufung
Der Rechtsstreit zwischen dem Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, Kai Diekmann, und der Berliner "tageszeitung" (taz) über eine Penis-Satire geht in die Verlängerung. Der Sprecher der "Bild", Tobias Fröhlich, teilte am 17.1.2003 in einer Pressemitteilung mit, Diekmann habe gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Berlin (LG) vom November 2002 Berufung zum Kammergericht (KG) eingelegt. Das LG hatte der "taz" zwar den nochmaligen Abdruck der umstrittenen Satire untersagt, einen Schmerzensgeldanspruch des "Bild"-Chefredakteurs aber abgelehnt. Begründet hatten die Richter das damit, wer selbst nicht immer vorsichtig mit den Persönlichkeitsrechten anderer Menschen umgehe, müsse auch mehr Beeinträchtigungen hinnehmen, wenn er selbst Gegenstand der Berichterstattung werde. "Bild"-Sprecher Fröhlich bezeichnete diese Rechtsauffassung in der Pressemitteilung als "abwegig". Es könne nicht sein, dass "Vorurteile gegen den Boulevardjournalismus" zur Grundlage eines Urteils gemacht würden.
Die "taz" hatte am 8.5.2002 in der Satire-Rubrik "Wahrheit" einen frei erfundenen Bericht des Schriftstellers Gerhard Henschel veröffentlicht. Henschel schrieb unter der Überschrift "Sex-Schock! Penis kaputt?" über angebliche Gerüchte, der "Bild"-Chefredakteur habe sich in einer Spezialklinik in Miami einer missglückten Penisverlängerung unterzogen. Diekmann verklagte die Zeitung daraufhin wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts auf ein Schmerzensgeld von 30.000 Euro und begründete das damit, er sei durch den Bericht "tief getroffen und verletzt". Die "taz" verteidigte sich damit, sie habe die "Bild"-Zeitung entlarven wollen, die genüsslich private und intime Details öffentlich durch den Dreck ziehe. Nach Eingang der Klage legte die "taz" sogar noch nach. Ihr Redakteur Michael Ringel erklärte noch am 16.11.2002 in einem Gespräch mit der eigenen Zeitung, wer den ganzen Tag "die Unterhosen fremder Menschen aus dem Fenster hängt, der sollte mal spüren, wie das ist, wenn die eigene Unterhose im Wind flattert". Diekmann habe die "Bild" in den vergangenen Jahren zu einer "Blut-und-Sperma-Schleuder" gemacht, die ihresgleichen suche.
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