US-Gericht lässt Klage auch gegen Internettauschbörse Kazaa zu
Die US-Verwertungswirtschaft hat in ihrem Kampf gegen die umstrittenen Tauschbörsen im Internet einen weiteren Etappensieg errungen. Ein US-Bezirksgericht in Los Angeles entschied Anfang Januar 2003, auch der Betreiber der Tauschbörse Kazaa, die in Australien ansässigen Sherman Networks, könnten vor US-Gerichten verklagt werden. Der mit dem Fall befasste Richter Stephen Wilson erklärte, Sherman Networks gehe in den USA einer "wesentlichen Geschäftstätigkeit" ("substantial business") nach und sei deshalb US-Recht unterworfen. Dass das Unternehmen im Pazifikstaat Vanatu gegründet worden sei und von Australien aus betrieben werde, spiele keine Rolle. Die Entscheidung ist ein Erfolg für die Recording Industry Association of Ameria (RIAA) und die Motion Picture Association of America (MPAA), die Sherman Networks verklagt hatten. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte, das Unternehmen sei "enttäuscht" über den Richterspruch, zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Klage keinen Erfolg haben würde. Außer gegen Sherman Networks richtet sich die Klage von RIAA und MPAA auch gegen die Betreiber der Tauschnetzwerke Morpheus und Grokster. Die Erfolgsaussichten der Klage sind unklar. Anders als bei der mittlerweile geschlossenen Musiktauschbörse Napster benötigen Tauschnetzwerke wie Kazaa oder Morpheus keine zentralen Rechner, über die der Datenverkehr abgewickelt wird, einen "Betreiber" der Netzwerke im engeren Sinn gibt es deshalb nicht.
Urheberrechtlich steht im US-Rechtsstreit zwischen Rechteinhabern und Tauschbörsen das sogenannte "Betamax-Argument" ("betamax defense") im Vordergrund, auf das sich US-amerikanische Musiktauschbörsen in der Vergangenheit gegenüber dem Vorwurf, sie ermöglichten Urheberrechtsverletzungen, bereits häufig berufen haben. Der Begriff stammt aus einem Rechtsstreit, den das Filmstudio Universal in den 80er Jahren gegen Sony angestrengt hatte. Der Unterhaltungselektronikhersteller hatte damals mit dem "Betamax"-Gerät den ersten brauchbaren Videorekorder für den Heimgebrauch auf den Markt gebracht. Universal hielt die Verbreitung des Gerätes insgesamt für rechtswidrig, weil es die rechtswidrige Vervielfältigung von öffentlich ausgestrahlten Rundfunksendungen ermögliche. Der US Supreme Court wies die Klage aber schließlich im Jahr 1984 in letzter Instanz ab. Die Richter entschieden, wenn eine neue Technologie wesentliche, nichtverletzende Nutzungen ("substantial, noninfringing uses") ermögliche, müsse hingenommen werden, wenn sie auch für rechtswidrige Zwecke genutzt werden könnte. Folgerichtig hatte sich auch die umstrittene Musiktauschbörse Napster vor Gericht darauf berufen, über die eigenen Server würden nicht nur urheberrechtlich geschützte Inhalte getauscht. Das Unternehmen hatte damit aber aus zwei Gründen keinen Erfolg. Zum einen erwies es sich als schwierig, wesentliche, nichtverletzende Nutzungen nachzuweisen. Außerdem haben sich bereits mehrere Gerichte auf den Standpunkt gestellt, dass die Betamax-Entscheidung auf Musiktauschbörsen nicht übertragen werden könne.
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