Kritik an Vorgehen Schröders gegen Zeitungsberichte über angebliche Ehekrise
Das harte Vorgehen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gegen Zeitungsberichte über eine angebliche Ehekrise ist beim Deutschen Journalisten-Verband (DJV) auf Kritik gestoßen. Der Vorsitzende des DJV, Rolf Lautenbach, meinte am 8.1.2003 im Deutschlandfunk, Schröder müsse sich als selbst ernannter "Medienkanzler" mit besonderen Maßstäben messen lassen. Wenn an dem Verhalten einer Person ein öffentliches Interesse bestehe, müsse darüber im Einzelfall auch berichtet werden können. Die Entscheidung des Bundeskanzlers, gegen die umstrittenen Berichte rechtlich vorzugehen, bezeichnete Lautenbach als "falsch". Der DJV-Vorsitzende warnte, Schröder habe sich bereits im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit über seine angeblich gefärbten Haare "der Lächerlichkeit preisgegeben".
Die "Südwestpresse" und die "Märkische Oderzeitung" hatten bereits im Dezember 2002 über Gerüchte über eine angebliche Ehekrise Schröders berichtet. Anfang Januar 2003 wurden die Gerüchte von der britischen "Mail on Sunday" in einem zweiseitigen Beitrag aufgegriffen, über den wenig später die "Hannoversche Neue Presse", die "Westdeutsche Zeitung" und die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" ("WAZ") berichteten. Die "WAZ" hat sich für ihren Bericht mittlerweile entschuldigt, gegen "Südwestpresse" und die "Märkische Oderzeitung" hatte Schröder unmittelbar nach Veröffentlichung einstweilige Verfügungen erwirkt. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vom 7.1.2003 bereitet der Rechtsanwalt des Bundeskanzlers, Michael Nesselhauf, inzwischen auch eine Klage gegen die "Mail on Sunday" vor, die aber bei einem deutschen Gericht eingereicht werden soll.
Gerüchte über das Privatleben Schröders haben bereits Anfang 2002 die Gerichte beschäftigt. Der Bundeskanzler hatte damals dem Deutschen Depeschen-Dienst (ddp) vom Landgericht Hamburg (LG) untersagen lassen, zu behaupten, Schröder lasse sich die Haare färben. Die Nachrichtenagentur hatte die beanstandete Äußerung bereits einen Tag nach Veröffentlichung zurückgezogen und eine Richtigstellung verbreitet, aber die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verweigert. Nachdem das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) die Entscheidung des LG bestätigte, hat ddp gegen die Urteile inzwischen Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht. Die Nachrichtenagentur wirft den Gerichten vor, sie hätten bei ihren Entscheidungen Bedeutung und Tragweite der Pressefreiheit verkannt.
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