Rechtslage im Streit um Sperrungsverfügungen gegen NRW-Provider wieder offen
Der Streit der Bezirksregierung Düsseldorf mit nordrhein-westfälischen Zugangsanbietern über das Zugänglichmachen rechtsextremistischer Internetseiten aus den USA in Deutschland ist wieder offen. Die Behörde teilte am 12.12.2002 mit, mit dem Verwaltungsgericht Arnsberg (VG) habe erstmals ein Gericht eine der umstrittenen Sperrungsverfügungen der Bezirksregierung bestätigt (Az. 13 L 1848/02). Die Entscheidung kommt nur wenige Wochen, nachdem das Verwaltungsgericht Minden (VG) den Sofortvollzug bei einer der Sperrungsverfügungen wegen erheblicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme vorläufig ausgesetzt hatte (Az. 11 L 1110/02). Nach diesem Beschluss war erwartet worden, dass auch die anderen befassten Verwaltungsgerichte in den anhängigen Eilverfahren zu Gunsten der Provider entscheiden würden. Nun wird vermutlich erst eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) Klarheit schaffen können. Die Richter werden sich auch mit der Frage befassen müssen, ob sich die Bezirksregierung Düsseldorf tatsächlich auf Befugnisse nach dem Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) berufen kann.
Kritisiert wird das Vorgehen der Bezirksregierung unter anderem vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM). Der Verband wirft der Behörde vor, mit dem Vorgehen gegen die Zugangsanbieter an der falschen Stelle anzusetzen. Ein wirksamer Schutz vor rechtswidrigen oder jugendgefährdenden Angeboten im Internet könne viel wirkungsvoller durch freiwillige Selbstkontrolle der Inhalteanbieter, internationale Zusammenarbeit und erhöhte Anstrengungen im familiären Umfeld für die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen erreicht werden. Unterstützung bekommen die betroffenen Unternehmen auch vom Electronic Commerce Forum (eco). Der Verband hat einen Rahmenvertrag mit einer Anwaltskanzlei geschlossen, die die Provider vor Gericht unterstützt. Außerdem stellt eco seinen Mitgliedern kostenlos ein 80seitiges Gutachten des Kommunikationsrechtlers Thomas Hoeren zur Verfügung, dass die Rechtswidrigkeit der Sperrungsverfügungen belegen soll.
Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte im Februar 2002 knapp 80 Zugangsanbieter aus Nordrhein-Westfalen dazu verpflichtet, den Zugang zu zwei US-amerikanischen Internetangeboten mit rechtsextremistischem Inhalt zu sperren. Etwa die Hälfte der betroffenen Unternehmen legte gegen diese Anordnung Widerspruch ein. Sie beriefen sich darauf, die Bezirksregierung sei für die Sperrungsverfügungen gar nicht zuständig gewesen. Die von der Behörde geforderten Maßnahmen ermöglichten abgesehen davon nur die Sperrung einiger weniger Seiten und könnten außerdem leicht umgangen werden. Der Aufwand, den die betroffenen Unternehmen mit Einrichtung und Aufrechterhaltung der Sperren hätten, sei deshalb überflüssig. Die Zugangsanbieter beklagten außerdem, durch das Vorgehen würden nordrhein-westfälische Unternehmen gegenüber Anbietern in anderen Bundesländern benachteiligt. Die Bezirksregierung begann im Juli 2002 trotzdem damit, die Widersprüche zurückzuweisen. Daraufhin erhoben 17 Provider Klage zu den Verwaltungsgerichten. Um die aufschiebende Wirkung der Klagen zu beseitigen, erklärte die Bezirksregierung die Sperrungsverfügungen im September 2002 für sofort vollziehbar.
Dokumente:
- Muster des Widerspruchsbescheids v. 22.7.2002
- Muster der Sperrungsverfügung v 6.2.2002
- Mediendienstestaatsvertrag (MDStV)
Institutionen:
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