Bewegung im Streit um Softwarepatente
In den Streit um die Patentierbarkeit von Computerprogrammen scheint wieder Bewegung zu kommen. Das Institut für Rechtsfragen der freien und Open Source Software (ifrOSS) berichtete am 6.12.2002, der Rat der Europäischen Union (Rat) habe sich vor kurzem zum Vorschlag der Europäischen Kommission (Kommission) für eine Softwarepatentierungsrichtlinie geäußert. Nach einem Bericht des Ausschusses der ständigen Vertreter beim Rat soll in die Richtlinie eine Klarstellung aufgenommen werden, dass eine Patentierung von mathematischen oder Geschäftsmethoden nicht möglich sein soll. Außerdem soll durch Streichung einer missverständlichen Vorschrift des Kommissionsentwurfs sichergestellt werden, dass Computerprogramme als solche nicht patentiert werden könnten. Der Rat habe bereits "weitgehendes Einvernehmen" zu diesem Bericht durchblicken lassen. Falls die Vorschläge des Berichts in der weiteren Beratung der Softwarepatentierungsrichtlinie übernommen werden, wäre den Kritikern des Kommissionsentwurf weitgehend der Wind aus den Segeln genommen. Die Gefahr einer Patentierung von Geschäftsmethoden und eines Patentschutzes für Computerprogramme als solche war ein Hauptkritikpunkt an dem bisherigen Richtlinienentwurf. Als nächstes wird sich voraussichtlich das Europäische Parlament (Parlament) mit den Vorschlägen der Kommission befassen.
Nach dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, den die Kommission am 20.2.2002 in Brüssel vorgelegt hat, sollen Computerprogramme als solche auch in Zukunft nicht patentiert werden können. Software soll nach dem Entwurf stattdessen grundsätzlich weiterhin durch das Urheberrecht geschützt werden. Erfindungen, die durch die Ausführung von Software auf einem Computer oder einer vergleichbaren Vorrichtung implementiert werden, sollen allerdings patentiert werden können, wenn sie einen Beitrag auf einem Gebiet der Technik leisten, der für einen Fachmann nicht nahe liegend ist. Der Entwurf unterscheidet sich durch diese Bedingung wesentlich von der Rechtslage in den USA, wo Computerprogramme ohne weiteres patentiert werden können. Die Kommission will durch die Richtlinie für Rechtsklarheit sorgen, nachdem sich Gerichte in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und das Europäische Patentamt (EPA) in der Vergangenheit unterschiedlich zur Frage der Patentierbarkeit von Software geäußert hatten. Einige Gerichte hatten die Möglichkeit zur Erteilung eines Patents für Computerprogramme bejaht, obwohl das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) eine solche Patentierbarkeit gerade ausdrücklich ausschließt.
Die Kommission liegt mit ihrem Entwurf weitgehend auf der Linie von Vorschlägen, die deutsche Wissenschaftler Ende 2001 gemacht hatten. Das Karlsruher Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) und das Münchener Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht (MPI) hatten im November 2001 in einer im Auftrag des Bundeswirtschaftsministerium erstellten Studie empfohlen, nicht dem US-amerikanischen Modell der breiten Patentierbarkeit von Software zu folgen. Nur mit einem "europäischen Weg" bei der Patentierung von Computerprogrammen könne die hohe Innovationsdynamik im Softwarebereich und Besonderheiten der Softwareentwicklung angemessen berücksichtigt werden. Stattdessen sollte auf europäischer oder internationaler Ebene eine Rechtsvereinheitlichung angestrebt werden, um für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen. Außerdem hatten die Gutachter vorgeschlagen, Patente schneller zu prüfen, bessere Recherchemöglichkeiten nach bestehenden Patenten zu schaffen und die Kosten für Anmeldung und Durchsetzung von Patenten zu senken. Nach Überzeugung der Forschungsinstitute können nur so strukturell bedingte Nachteile kleinerer und mittlerer Unternehmen bei der Nutzung des Patentwesens verringert werden.
Dokumente:
- Mitteilung des ifrOSS v. 6.12.2002
- Bericht des Ausschusses der ständigen Vertreter beim Rat v. 8.11.2002
- Pressemitteilung des Rats v. 14.11.2002
- Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen (Softwarepatentierungsrichtlinie) v. 20.2.2002
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 1024:
https://www.urheberrecht.org/news/1024/
Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.
Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.
Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!
Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.