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31.10.2002; 19:03 Uhr
Medienwächter für genaue Prüfung des Einstiegs von Bauer bei ProSiebenSat.1
DLM hofft auf Stabilisierung des dualen Rundfunksystems

Die Landesmedienanstalten haben sich für eine genaue Prüfung des Einstiegs des Hamburger Heinrich Bauer-Verlags (Bauer-Verlag) bei den Fernsehsendern der ehemaligen Kirch-Gruppe ausgesprochen. Der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), Norbert Schneider, begrüßte das Engagement des Bauer-Verlags bei ProSiebenSat.1 am 31.10.2002 aber grundsätzlich als Chance zur Stabilisierung des dualen Rundfunksystems in Deutschland. Ähnlich äußerte sich am selben Tag ZDF-Intendant Markus Schächter. Die Gefahr, dass der Verlag in seinen Fernsehzeitschriften einseitige Empfehlungen für Sender wie ProSieben oder Sat.1 ausspreche, sehe er nicht. Schächter wies darauf hin, dass der Bauer-Verlag vorübergehend bereits Teilhaber des Senders Sat.1 gewesen sei. Kritisch äußerte sich dagegen der Medienwissenschaftler Horst Röpel. Falls sich der Klatsch- und Sex-Journalismus der Bauer-Blätter auch bei den Sender der ProSiebenSat.1-Gruppe durchsetze, drohe ein "immenser Verlust" für die deutsche Fernsehlandschaft, warnte der Direktor des Europäischen Medieninstituts in Dortmund gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sei die Beteiligung Bauers "höchst bedenklich". Dass die Prüfung des Bauer-Einstiegs nicht einfach wird, befürchtet auch KEK-Geschäftsführer Bernd Malzanini. Er erwarte ein "höchst kompliziertes Verfahren", gestand er gegenüber AFP.

Nach dem Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) darf kein Rundfunkunternehmen im Fernsehen bundesweit eine "vorherrschende Meinungsmacht" erlangen. Falls ein Unternehmen in einem "medienrelevanten verwandten Markt" eine marktbeherrschende Stellung hat, wird eine vorherrschende Meinungsmacht im Fernsehen bereits dann vermutet, wenn die Fernsehprogramme eines Unternehmens im Jahresdurchschnitt einen Zuschaueranteil von 25 Prozent erreichen. Wenn das Unternehmen sogenannte "Programmfenster" für regionale Berichterstattung freihält oder unabhängigen Dritten Sendezeit zur Verfügung stellt, darf diese Grenze um bis zu fünf Prozent überschritten werden. Bei einem Einstieg des Bauer-Verlages bei ProSiebenSat.1 könnte eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinn des RfStV möglicherweise zu bejahen sein. Bauer ist der auflagenstärkste Zeitschriftenverlag Europas. Außerdem ist er bereits am Sender RLT 2 mit drei bis vier Prozent Zuschaueranteil beteiligt. Die Sender von ProSiebenSat.1, neben ProSieben und Sat.1 auch Kabel 1 und N24, haben zusammen etwa 25 Prozent Marktanteil. Bauer wird deshalb unter Umständen gezwungen sein, sich von seiner Beteiligung von RLT 2 zu trennen. Ob eine vorherrschende Meinungsmacht vorliegt, untersucht im Auftrag der Landemedienanstalten deren gemeinsame Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK). Falls sich KEK und Unternehmen im Fall einer vorherrschenden Meinungsmacht nicht über Ausgleichsmaßnahmen einigen, können die Landesmedienanstalten die Zulassung der betroffenen Sender widerrufen.

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