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04.11.2002; 19:11 Uhr
Streit über elektronische Pressespiegel möglicherweise noch nicht zu Ende
Wird Urheberrechtsreform Grundlage für Vorgehen gegen Verwertungsgesellschaften schaffen?

Der Streit des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) mit der Presse-Monitor Deutschland GmbH (PMG) über den Vertrieb elektronischer Pressespiegel ist möglicherweise noch nicht zu Ende. Bei der von der Bundesregierung geplanten Urheberrechtsreform könne unter Umständen eine gesetzliche Grundlage für ein Vorgehen gegen das Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Verlagswirtschaft geschaffen werden, meinte der Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), Ferdinand Melichar, am 4.11.2002 gegenüber dem Branchendienst heise online. Die Auseinandersetzung der PMG mit dem DPMA als zuständiger Aufsichtsbehörde nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (WahrnG) habe gezeigt, dass in diesem Gesetz die Regelung einer entsprechenden Ermächtigung schlicht vergessen worden sei. Melichar geht aber offenbar davon aus, dass die PMG auch nach einer entsprechenden Gesetzesänderung ihre Tätigkeit grundsätzlich fortsetzen kann. Er bestätigte gegenüber heise online, dass die VG Wort mittlerweile Verhandlungen mit dem Berliner Unternehmen aufgenommen habe. Vermutlich sollen durch die Gespräche nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu elektronischen Pressespiegeln vom Juli 2002 die Zuständigkeiten von VG Wort und PMG abgegrenzt werden.

Das DPMA hatte der PMG die weitere Geschäftstätigkeit mit der Begründung untersagt, das Unternehmen bedürfe als Verwertungsgesellschaft eine Genehmigung. Nachdem die Behörde die Untersagungsverfügung im März 2002 für vorläufig vollziehbar erklärt hatte, klagte die PMG dagegen vor dem Verwaltungsgericht München (VG), das die Anordnung im Mai 2002 aufhob. Die Richter meinten, es sei nicht klar, ob es sich bei der PMG tatsächlich um eine Verwertungsgesellschaft handele. Zum anderen enthalte das WahrnG keine Rechtsgrundlagen, die eine Untersagung des Geschäftsbetriebes ermöglichten. Außerdem schloss sich das VG der Auffassung der PMG an, dass die Tätigkeit des Unternehmens aller Voraussicht nach unter den Schutz der Pressefreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes (GG) falle. Das DPMA habe das bei seiner Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt. Eine Beschwerde der Behörde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVerwGH) blieb erfolglos. Das Gericht bestätigte Mitte August 2002, an der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung des DPMA beständen "gravierende, derzeit nicht ausräumbare Zweifel". Die Behörde hob ihre Untersagungsverfügung daraufhin Ende Oktober 2002 auf.

Die deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger haben die PMG bereits 1999 gegründet. Gesellschafter sind neben den Verlagen Augstein, Burda, FAZ, Gruner + Jahr, Springer, dem Süddeutschen Verlag und der Verlagsgruppe Handelsblatt auch der Bundesverband Deutscher Zeitschriftenverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Geschäftsgegenstand des Gemeinschaftsunternehmens ist der Vertrieb elektronischer Pressespiegel an Unternehmen, Behörden und Verbände. Die Kunden der PMG können sich seit Anfang April 2001 am jeweiligen Erscheinungstag ab sieben Uhr morgens aktuelle Zeitungsberichte aus zur Zeit rund 140 Druckerzeugnissen über das Internet herunterladen und beispielsweise über ein firmeneigenes Netzwerk an verschiedenen Bildschirmarbeitsplätzen zur Verfügung stellen. Das Unternehmen hofft auf einen jährlichen Umsatz von 50 bis 100 Millionen Mark. Durch das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu elektronischen Pressespiegeln sieht sich die PMG gestärkt. Der BGH hat am 11.7.2002 entschieden, dass auch elektronische Pressespiegel unter bestimmten Voraussetzungen ohne Zustimmung der Rechteinhaber der übernommenen Zeitungs- und Zeitschriftenartikel vervielfältigt und verbreitet werden dürfen, dass dafür aber Urheberrechtsabgaben an die Verwertungsgesellschaften gezahlt werden müssen. Die PMG geht aber davon aus, dass ihr Angebot nicht unter das sogenannte Pressespiegelprivileg und damit auch nicht unter die Vergütungspflicht fällt.

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